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@Alle (zum Thema) Mobbing...


Empfohlener Beitrag

Geschrieben

@GirlNo1

Das was Du beschreibst ist wahrlich kein Mobbing, dass ist nur ziemlich unsensibel.

Daraus kann aber ziemlich schnell Mobbing entstehen.

Mobbing wird ja auch per Definition nicht nur durch soziale Ausgrenzung beschrieben, sondern es gibt noch einige andere auffällige Erscheinungen wie z. B. schikanieren, verprügeln, hänseln, usw.

Da braucht man schon ein dickes Fell als Kind um nicht aggressiv zu werden. Das betrifft übrigens nicht nur Mitschüler, auch Lehrer sind sehr oft Ungerecht zu dem Mobbingopfer und bestärken mit diesem Verhalten einerseits die anderen Schüler und isolieren andererseits den einzelnen Schüler.

Nun stell Dir bitte vor, das geht über Jahre so.


Geschrieben (bearbeitet)

Ja, schon angekommen, so ein Verhalten ist nicht fein. Aber eben das passiert sooo vielen Menschen, und die bringen niemanden um. Also ist er alles andere als "nur ein Mobbing-Opfer".
Aber für mich hört sich das ein bisschen so an als würden manche den Täter zum Opfer umdefinieren wollen. Aber zwischen unqualifizierten Sprüchen und Schneiden einerseits und mehrfachem Mord andererseits gibt es so nen klitzekleinen qualitativen Unterschied...

Ich versteh jeden, der einem ekligen Chef mal als Retourkutsche "versehentlich" ein Bier über die Hose kippt. Aber schon bei Gegengewalt hört der Spaß auf.


bearbeitet von 4sarasvati
Geschrieben

@4sarasvati

Ich glaube niemand wird den Täter zum Opfer machen wollen. Ich verstehe das eher so, das man versucht zu verstehen wie so etwas geschehen konnte und wie es in einem Menschen aussehen muss, der zu so etwas fähig ist.


Geschrieben (bearbeitet)

In meiner Klasse war ein Mädchen, das deren Eltern systematisch zur Außenseiterin machen wollten, was aber nicht klappte.

Die Mutter litt an religiösem Wahn, die Mitschülerin musste täglich vor dem Unterricht zum Gottesdienst. Sonntags morgens um 8, um 11 und um 14 Uhr in die Andacht. Ihre Röcke waren mindestens wadenlang, während alle anderen Mini trugen. Reißverschlüsse, ob an Hosen oder Röcken durften nur seitlich sein, man hätte sich ja beim Ausziehen aus Versehen im Intimbereich berühren können. Sie durfte keine Klassenfahrt mitmachen, die Mutter verbot das Schulschwimmen. War ein Mädel wie "Carrie". Unaufgeklärt und unter der Fuchtel der Mutter.

Allerdings waren etliche in der Klasse (auch ich), die mit ihr Kontakt hielten und dafür sorgten, dass sie nicht ausgegrenzt wurde. Das funktioniert auch.

Während meiner Ausbildung zur Arzthelferin wurden meine Kolleginnen und ich von einer älteren Kollegin gemobbt, die sich für die Krone der Schöpfung hielt und ihre Launen an uns anderen ausließ. Immer, wenn sie Zoff mit ihrem Lover hatte, mussten wir anderen es ausbaden. Eine Azubine hat wegen der die Ausbildung geschmissen. Fehler, die sie gemacht hat, wurden anderen untergeschoben. Die Alte war die Pest.

Jahre später, als ich wegen einer Allergie berufsunfähig wurde und umgeschult habe, hat sich ein junges Mädel zum Führerschein angemeldet. Sie war mehr als zurückhaltend und völlig gehemmt. Der Grund für ihre Unsicherheit lag in einem gewaltigen Sprechproblem. Da zuckte der Kopf zig mal vor und zurück, sie kämpfte mit jedem Laut, den sie von sich gab und brauchte manchmal wirklich 1 - 2 Minuten, um einen kurzen Satz herauszubekommen. Ich habe die anderen Schüler gebeten, sich zusammenzureißen, nicht zu lachen, nicht zu lästern. Mit der Zeit hat das Mädel begeistert mitgearbeitet als sie merkte, dass sich niemand über sie lustig macht, wenn sie mal die Worte nicht rausbekam, nur unbeholfene Laute. Man sieht, es geht auch anders. Und da möchte ich noch ein Danke an die Leute äußern, die damals gemeinsam mit ihr den Führerschein gemacht haben und sich an meine Bitte hielten. Ich fand es klasse! Das Mädel hat dadurch jede Menge Selbstvertrauen bekommen.

Später war sie beim Logopäden und hat an dem Sprechproblem gearbeitet. Heute spricht sie klar und deutlich. Und ihr Vater hat endlich begriffen, dass seine Tochter nicht "doof und dämlich", sondern dass sie lediglich so gehemmt war, dass ihr dadurch regelrecht die Worte im Hals steckenblieben. Sie hat alle Prüfungen auf Anhieb bestanden.


bearbeitet von Pumakaetzchen
Ergänzung
Geschrieben

@Triangulaer

Dass Mobbing möglicherweise ein Auslöser für gewalttätig werdende Schüler oder Kollegen ist, bestreite ich nicht. Zu den Amokläufen der letzten Zeit wollte ich mich aber nicht äußern, weil ich mein Gehirn momentan nur mit web.de-Nachrichten aus dem Bereich Unterhaltung füttere.

@Pumakaetzchen

Bei deinem ersten Beispiel musste ich jetzt spontan an "Carrie" denken...


Geschrieben (bearbeitet)

Ich bleibe dabei: wenn ihr glaubt, mit Mobbing die Motivationslage eines Amokkäufers erklären zu wollen, liegt ihr so etwas von schief. Mobbing ist eine Erklärung von sozialer Isolation, von psychischer Erkrankung, Depression bis hin zu Todessehnsucht.
Aber es ist keine Erklärung dafür, dass jemand wahllos andere Menschen auf diesem Weg mitnimmt.
Dazu muß eine menschenverachtende und antisoziale Komponenten hinzukommen, die atypisch ist für das Mobbing-Opfer an sich.

Aber diese Komponente ist leider typisch für den Zustand unserer Gesellschaft, ist unsere normal gewordene und empfundene Realität, so sehr, dass wir sie gar nicht mehr in ihrer destruktiven Dimension sehen wollen und können.

Eine Antwort ist mir als markant aufgefallen, auf das, was ich zuvor geschrieben habe:

"Da stellt sich dann die Frage ob es etwas ändern würde? Wenn alle nun Besserung geloben und Leute wie Raab, Pocher und der doofe aus dem hohen Norden ihrer gerechten Strafe zugeführt wurden, ist dann die Welt besser? Sind wir dann sicher?"


Reicht die Phantasie, der intellektuelle Mut, sich aus dem System herauszudenken, nur noch so weit? Schaffen wir es nicht mehr, die drei als Symptom zu begreifen und fällt uns für eine Verbesserung der Welt nicht mehr ein, als deren Austausch?

Sorry, dann hätten wir die Amokläufer verdient, die wir erleben!

Das medial gefeierte und zum Sendeformat erhobene Diskriminieren von Menschen funktioniert nur, weil es von einer gesellschaftlichen Mehrheit ohne Aufschrei akzeptiert wird, genauso wie das rücksichtlose Ausbluten von Industriebetrieben, Steuerhinzerziehung in Milliardenbeträgen, Übervorteilung in vergleichbaren Dimensionen als normal angesehen wird, während das Phänomen der Leistungs- und Arbeitsverweigerer am unteren Ende der Gesellschaft so hochgebauscht, kriminalisiert und dramatisiert wird - auch medial ausgeschlachtet, als säße bei dieser sozial schwachen und verwahrlosten Minderheit das Übel unserer Gesellschaft. Wir leiten aus dieser marginalen Gruppe das Recht ab ganze gesellschaftliche Schichten als parasitär, arbeitsfaul, träge zu diskriminieren, obwohl wir selbst oft genug schon am Rand dieser Schichten stehen und abzustürzen drohen - aber wir verkriechen uns hinter einem angeblichen Realitätssinn, wenn es darum geht, darüber nachzudenken, an den vorherrschenden Strukturen von Diskriminierung und Entsolidarisierung etwas zu ändern.

Ich erinnere mich als alter Sack noch daran, dass Anfang der achtziger ganze Städte von ihrer Jugend entvölkert waren, weil in Bonn eine Millionendemonstration gegen die Stationierung weiterer Atomraketen in Europa stattfand, wo ein wesentlicher Teil einer ganzen Generation von Solidarität bewegt war. Ich erinnere mich noch an die Bilder der immer größeren Montagsdemos in Leibzig und Dresden, an die große Völerwanderung in Berlin, als der Grenzübergang am Brandburger Tor fiel.

Und übriggeblieben von einem sozialen Wir-Gefühl und dem damit verbundenen gesellschaftlichen Gestaltungswillen ist der Stromanbieterwechsel bei bekanntem Preiswucher und der Ärger über den Solidarbeitrag. Statt dessen asoziales Ego-Shooting und gesellschaftliche Gestaltungsresignation.

[COLOR=Blue]Zitat BabetteOliver: Jeano, früher waren die Mobbingattacken deshalb nicht so dauerhaft schädigend für die Opfer, weil einerseits innerhalb der Famile und des Umfeldes mehr Geborgenheit exisiterte, andererseits, weil früher das Umfeld für die Menschen deutlich härter war, als heute. Kinderarbeit war z.B. an der Tagesordnung. Auch gab es nicht den Raum für die Pflege eigener Gefühle und Befindlichkeiten, das Ausprägen einer eigenen Persönlichkeit etc. . Die Gewichtung der beiden Gründe hängt ein wenig von der Zeit ab, in die Du zurückblicken willst.[/COLOR]


Ob die Integration in familiäre und soziale Strukturen - auch in Form von Verpflichtungen tatsächlich so behindernd für die Ausprägung der eigenen Persönlichkeit sind, würde ich heute zumindest problematisieren und relativieren (wobei ich glaube, zu verstehen, worauf Du hinauswillst) - aber die härteren Bedingungen und stärkeren Zwänge hatten auf jeden Fall auch den Nebeneffekt eines Wir-Gefühls und der Solidarität.

Dass für Randgruppen schon immer galt, dass sie sich außerhalb einer sozialen Ordnung stellten und daraus auch rücksichtslos menschenverachtend handelten, ist offensichtlich: ob dies rechtsradikale Skinheads gegen Ausländer und Ausländerfreunde waren oder ob dies Baader-Meinhoff im Kampf gegen den Imperialsmus war. In all diesen Fällen war die Tötung von Menschen für die Tatbeteiligten in einer perversen Weise ein Mittel der eigenen Erhöhung. Aber es waren Randgruppen!

Was mit diesen Amokläufen geschieht, sitzt mitten in unserer Gesellschaft, mitten in unserem Alltag - das bedarf keiner Springerstiefel, keines roten Sterns mit AK47 in der Mitte - das geht ganz privat aus gutisituiertem Elternhaus und Wohlstand heraus - und da hilft kein Verfassungsschutz!

Es ist ein asoziales Empfinden und Denken, das in den Alltag Einzug gefunden hat.

Das mag uns nicht gefallen und wir mögen darüber lieber hinwegsehen - aber das ist tatsächlich die qualitätiv neue und erschreckende Dimension!

Um eines zu relativieren und um nicht missverstanden zu werden: den Amoklauf als solchen gibt es schon lange und immer wieder - und die Gründe sind so multikausal, dass weder ein einfaches Psychogramm des Amokläufers noch eine wirksame Präventivstrategie entwickelt werden können.

Aber das "school shooting" als sich verbreitende Erscheinung setzt voraus, dass die potentiellen Täter für diese Tat im Umfeld ihrer Generation oder Gruppe eine latente Toleranz annehmen können und damit tatsächlich eine Chance sehen, sich ultimativ zum Helden zu erheben.

Und diese vermutete Toleranz hat sehr wohl damit zu tun, das äußerste rohe Formen von Gewalt im schulischen Umfeld - seien es die berüchtigten Videos, sei es Erpressung auf dem Schulweg - als erfolgsversprechend erscheinen, weil für ganze Gruppen auch tatsächlich erfolgreich.

Und wir wissen dies, bedauern dies, verurteilen dies - aber schauen ansonsten darüber hinweg! Und wir sehen darüber hinweg, dass die skrupellose Diskriminierung von Menschen zum Zweck unserer Unterhaltung inzwischen ein Standardformat geworden ist. Sorry - aber wie soll eine heranwachsende Generation Formen solidarischen Umgangs erlernen, wenn wir selbst diese Umgangsformen abgelegt haben und lieber dem delektierlichen Abschlachten frönen?


bearbeitet von Ballou1957
Geschrieben

Was sagt immer mein Lieblingskabarettist Erwin Pelzig über die Gefahren des Internets: Volldeppen gab es schon immer. Aber die waren weitgehend isoliert und haben nicht so leicht andere Volldeppen gefunden. Heutzutage müssen sie nur www,volldepp, de eingeben, schon finden sie die ganzen anderen Volldeppen. Weltweit (Sinngemäß widergegeben)
Wer sich nur noch in gewaltverherrlichenden Foren aufhält und sich da nur mit lauter Gleichgesinnten unterhält, wird irgendwann denken, er sei normal und die anderen das Übel. Aber abdriften wird nur, wem etwas fehlt (Liebe, Geborgenheit, Selbstbewusstsein, Anerkennung...) Ballerspiele und bestimmte Internetseiten sind gefährlich für Kinder/Jugendliche mit sozialen Defiziten.

Ich wehre mich generell gegen diese Thesen von "Heute ist alles schlimmer als es früher mal war". Stimmt doch so nicht! Wann waren denn die "Deutschen" am brutalsten in der jüngeren Geschichte? Für meine Begriffe doch in der Nazizeit und da war Mobbing von Andersartigen geradezu staatlich gewollt. Gab aber weder Internet noch Fernsehen und die meisten Menschen lebten in Großfamilien. Und auch heute gibt es viele Staaten, wo die Familien in sozial ganz genau kontrollierten Clans zusammenleben und dennoch gibt es dort für unsere Begriffe unfassbare Grausamkeiten.

Damit möchte ich die Probleme unserer Zeit und Kultur nicht verharmlosen. Wir müssen sehr genau schauen, wie sich unsere Kinder entwickeln und warum das so ist. Nichts desto weniger pflegen doch die allermeisten Jugendlichen einen ganz normalen Umgang miteinander.
Je mehr in den Medien über derartige Ereignisse berichtet wird, desto reizvoller wird das Thema für Psychopathen.


Geschrieben (bearbeitet)

@Sinnliche - sorry, aber manchmal sticht es ins Auge, wenn jemand sich krampfhaft die "Faktenlage" so zurechtschusterst, dass er am Ende seine heile Welt wieder hat.

Wenn Du auf die Zeit des Nationalsozialismus als Argument, dass es eben früher doch nicht besser war, zurückgreifst, dann missachtest Du ganz einfach die Tatsache, dass der staatlich sanktionierten Gewalt und Diskriminierung zuvor eine Phase vorangeschaltet war, in der die gesellschaftliche "Akzeptanz" für organisierte Schlägerbanden, die politische Gegner niederknüppelten und ermordeten bereits bereitet worden war und dass es -politisch motiviert - kein entschlossenes staatliches Handeln gegen diese Schergen gab.

Was heute tatsächlich Bestandteil auch Deiner heilen Welt ist, ist die Tatsache, dass es eine multimedial organisierte Sanktionierung der Diskriminierung von Individuen bereits wieder gibt. Es ist ja auch so einfach, sich anständig und unschuldig zu fühlen und auf böse Ballerspiele und schlimme Internet-Portale zu verweisen. Dann machen wir ein wenig plakative Jagd - mal auf Satanisten, mal auf Darksider etc., prangern diese Extreme voll Ekel und Abscheu an - und konsumieren die tagtägliche offiziell abgesegnete Menschenverachtung weiter - und reden uns ein, dass in einer heilen Familie und einer intakten Umgebung ja alles gut ist. (wobei es zum Thema der heilen Familie ja auch so manches zu sagen gäbe!)

Und wenn dann wieder mitten in so einer heilen Welt einer ausschert, dann stürzen wir uns aber ganz schnell auf alle möglichen angeblichen Besonderheiten, schälen die mit Akribie und Begeisterung heraus, damit unsere Welt auch ja wieder heil ist.

Mach mal die Augen auf: es war eine Schule, die sehr gut pädagogisch und psychologisch versorgt war - es war keine Großstadt, der Amokläufer kam nicht aus zerrütteten Verhältnissen - und die vorschnelle Erlösung in Form eines bösen Chats erwies sich als Fake - zeigt aber gerade, wie willig sich auch unsere Institutionen auf solche "einfachen" Lösungen stürzen, um ja schnell wieder in distanzierte Betroffenheit verfallen zu können. Und jetzt schreien die einen nach dem Verbot von Ballerspielen, die zweiten nach Überwachung von Schützenvereinen und die dritten nach Metalldetektoren an den Schuleingängen - und schon ist alles wieder gut!

Ich weiß nicht, woher Du die Dreistigkeit nimmst, den Umgang der "allermeisten" Jugendlichen untereinander als normal zu bezeichnen, während alle diejenigen, die mit diesen Jugendlichen zu tun haben, schon seit Jahren Alarm schlagen, weil dieser Umgang immer unnormaler wird. Was muss eigentlich noch geschehen, ehe solche Sätze nicht einfach gedankenlos hingehämmert werden???


bearbeitet von Ballou1957
Ergänzung
Geschrieben (bearbeitet)

Wir sollten jetzt nicht die Begrifflichkeiten durcheinanderwerfen.

Das Verfolgen und Ausgrenzen von Menschen im 3. Reich, das Denunzieren von Andersdenkenden oder Sympathisanten, das Töten in KZs:

Das ist KEIN Mobbing!! Das ist Diskriminierung, Diktatur, Völkermord!

Ich glaube nicht, das der Zentralrat der Juden im 3. Reich ein Mobbingproblem gesehen hat (er wünscht sich möglicherweise, es wäre nur gemobbt worden...)


bearbeitet von Gelöschter Benutzer
Ergänzung
Geschrieben

[tr]Ich glaub, jetzt driftest Du etwas ab, hyperfunktion ... über diese Dinge werden wir hier bitte nicht schreiben.

Vielen Dank

Mit freundlichen Grüßen
Topi, Team Poppen.de[/tr]


Geschrieben

Nicht immer ist die Familie schuld ..oder die Gesellschaft...oder die Lehrer..oder oder oder...auch in komplett intakten und liebevollen Familien..gibt es Außenseiter, Drogenabhängige, psychisch kranke....und so weiter.
Ich habe mich immer gefragt als meine Kinder klein waren wie es passieren kann wenn pubertäre Kinder sich manchmal so daneben benehmen...und schob die Schuld meistens auch auf die Eltern. Heute wo ich selber Kinder in der Pubertät habe sehe ich das doch ein wenig anders. Das ist zwar kein Vergleich mit einem Amok-Läufer..aber eben ein beispiel wie schnell man sich ein Urteil bildet über die Eltern des Täters und über sein Umfeld. Was ja letztendlich auch nur menschlich ist. Vielleicht sollten wir uns selber fragen ob wir in der Erziehung unserer Kinder denn immer auch alles richtig machen...oder ob wir uns immer korrekt zu jedem in unserem Umfeld verhalten...ganz sicherlich nicht...aber mir deswegen Gedanken zu machen ob sich derjenige nun zum Amok-Läufer entwickelt geht doch zuweit.
Der zweite Weltkrieg ist ja wohl eine ganz andere Sache und überhaupt kein Vergleich..mit dem aktuellen Thema.

Gruß Sun


Geschrieben (bearbeitet)

"Die Jugend liebt heute den Luxus. Sie hat schlechte Manieren, verachtet die Autorität, hat keinen Respekt mehr vor älteren Leuten und diskutiert, wenn sie arbeiten sollte. Die Jugendlichen stehen nicht mehr auf, wenn Ältere das Zimmer betreten. Sie verschlingen bei Tisch die Speisen und legen die Beine übereinander. Sie widersprechen ihren Eltern und tyrannisieren ihre Lehrer.“ Sokrates

Was ist denn die Faktenlage?? Wo sind denn deine Belege? Und wo erst die Vorschläge, wie das zu ändern wäre?

2007 gab es eine Steigerung der Jugendkrimnalität um ca 5 % - erschreckend viel, viel zu viel. Auf einer Seite des Lehrerverbandes stand, dass jeder 10. männliche und jede 2. weibliche Jugendliche schon mit dem Gesetz in Konflikt war. Viel zu viele, heißt aber auch, dass eben weit über 90% der Jugendlichen nicht mit dem Gesetz in Konflikt war. Die Shell-Studie von 2002 belegt eher, dass für junge Leute traditionelle Werte sehr wichtig sind. So auch der bekannteste dt. Jugendforscher Hurrelmann:
" das ist ein überraschendes Ergebnis. Wir haben es zu tun mit einer jungen Generation, die sich an einem eigenen Wertehorizont orientiert. Da ist nichts mehr zu sehen von Null-Bock-Haltung. Die Grundbereitschaft, einen Platz in der Gesellschaft einzunehmen, ist sehr ausgeprägt. Und wir erleben eine Wiederhinwendung zu Werten, die wir Ältere schon als abgeschrieben angesehen haben: Ordnung, Fleiß, Zuverlässigkeit, Disziplin. Das wird gemischt mit Selbstentfaltung und Lebensgenuss. Und diese frische Kombination ist charakteristisch für die jetzige Generation" (ARD- Interview)

Ich hatte hier im Thread an anderer Stelle schon geschrieben, dass die sozial vernachlässigten Jugendlichen, deren Alltag von Armut, Arbeitslosigkeit und mangelnden Perspektiven geprägt ist auch eine Folge der immer weiter aufgehenden Schere ist. Desweiteren finde ich es einen Skandal, wie wenig für Hauptschüler getan wird.

Aber: Die bisherigen Amokläufer kommen mitnichten aus der sozialen Unterschicht. Ich schätze, eine der Hauptursachen für Wahnsinnstaten ist Frustration und auch die wird sich leider nicht abstellen lassen.
An einigen Schulen gibt es übrigens ganz gezielte Anti-Mobbing-Initiativen. Wenn ich es recht in Erinnerung habe (stand kürzlich bei uns in der Zeitung) werden dabei dem Mobbingopfer zwei, drei Hauptverantwortliche für das Mobbing und dann noch zwei normale Schüler zue Seite gestellt, die dafür verantwortlich sind, dass dem "Opfer" in Zukunft in der Schule nichts mehr passiert. Das Programm scheint erstaunlich erfolgreich zu sein.

Natürlich will ich die Situation nicht mit dem 3. Reich vergleichen, sondern das Beispiel sollte nur belegen, dass wir nicht moralischer oder gar unmoralischer sind, als andere Epochen und Kulturen.


bearbeitet von SinnlicheXXL
Geschrieben (bearbeitet)

[tr]Ich glaub, jetzt driftest Du etwas ab, hyperfunktion ...

Mit freundlichen Grüßen
Topi, Team Poppen.de[/tr]



Schon recht. Es ging mir auch mehr darum, wieder das eigentliche Thema des Threads in den Vordergrund zu rücken... Und ich hab endlich mal die Forenregeln genau gelesen ;-)


bearbeitet von Gelöschter Benutzer
Geschrieben

Ob die Integration in familiäre und soziale Strukturen - auch in Form von Verpflichtungen tatsächlich so behindernd für die Ausprägung der eigenen Persönlichkeit sind, würde ich heute zumindest problematisieren und relativieren (wobei ich glaube, zu verstehen, worauf Du hinauswillst) - aber die härteren Bedingungen und stärkeren Zwänge hatten auf jeden Fall auch den Nebeneffekt eines Wir-Gefühls und der Solidarität.

Ballou, ich glaube, Du hast Du mich falsch verstanden oder ich habs nicht richtig rüber gebracht.

Gemeint ist folgendes: Durch die wesentlich stärkere Einbindung der Menschen in soziale Strukturen wurde ihnen Liebe, Geborgenheit und Halt gegeben. Und wem diese Gefühle entgegen gebracht werden, gliedert sich trotz schwieriger Umstände im Umfeld deutlich besser in die Gesellschaft ein (wird also nicht zum Amokläufer). Auf der anderen Seite und völlig unabhängig von diesem Gesichtspunkt waren früher die Möglichkeiten, die eigene Individualität auszubilden viel kleiner, weil die äußeren Umstände das gar nicht zu ließen bzw. das in weiten Bevölkerungsschichten nicht üblich war. Natürlich ist immer jeder Mensch eine eigene Persönlichkeit, aber die Möglichkeit der Vereinzelung (und damit verbunden der Vereinsamung) und Konzentration auf die eigene Stellung in der "Gesellschaft" und überspitzt gesagt die Hege und Pflege der eigenen Neurosen ist erst in den letzten Jahrzehnten und auch nur in der westlichen Welt möglich. (und erst diese machen einen Amoklauf möglich)
Damit sehe ich ich wohl genauso wie Du, dass Verbunden mit Liebe und einer festen Integration in die Familie/Umfeld die Kinder und Jugendlichen viel stärker in das reale Leben (Pflichten im Haushalt, Verantwortung für sich und andere, Umgang mit Menschen und Umwelt, Sicherstellung des Lebensunterhaltes etc.) eingebunden werden müssen, um eine stabile Persönlichkeit zu entwickeln. (Vergleiche dazu die Thesen von Michael Winterhoff)

Oliver


Geschrieben

Ich schätze, eine der Hauptursachen für Wahnsinnstaten ist Frustration


Durch die wesentlich stärkere Einbindung der Menschen in soziale Strukturen wurde ihnen Liebe, Geborgenheit und Halt gegeben.



Vergesst mal bei den ganzen Begrifflichkeiten die fehlende/mangelnde Anerkennung nicht!

Grade jemand, der Gewalttaten plant, wird durch Sympathisanten (z.B. in Internetforen) regelrecht angestachelt! Dadurch bekommt er Anerkennung - er wird angespornt, seine Tat umzusetzen!
Auch der von Ballou genannte Bader-Meinhoff-Komplex: Solche Gruppierungen werden durch Anhänger angespornt! Sie bekommen so das Gefühl, das Richtige zu tun.

Was anderes ist mir auch noch aufgefallen im Zusammenhang mit den Nachahmern:
Auch wenn bei Amokläufern die Sympathisantengruppen doch extrem klein sind, erinnere ich mich doch an den Fall Dagobert, als ein nicht erheblicher Teil der Bevölkerung sein "Spiel" mit der Polizei amüsant fand unter Missachtung dessen, dass Raub und Erpressung doch Straftaten sind, die in nicht unerheblichen Haftstrafen enden.
Ich persönlich bin mir sicher, dass jemand wie Dagobert, als er Berichterstattungen über sein eigenes Handeln in den Medien geehen hat, angespornt wurde, sein Spiel weiter zu treiben.


Geschrieben (bearbeitet)

@BabetteOliver

Hallo Oliver - vielen Dank für diese Ausführung. Das hab ich tatsächlich etwas schief verstanden und ich finde Deine Ausführung klasse! Denn es gibt eine Kehrseite zu großer Spielräume und unzureichender Einbindung in soziale und familiäre Verantwortung - auch das eine Form der Verwahrlosung, nicht unbedingt der materiellen, aber der seelischen und sozialen - und interessant ist für mich am ehesten, dass diese Beschreibung der psychosozialen Umgebung auf bisherige Täter noch am ehesten zutrifft.

edit:

@Hera ich sehe das Thema der positiven Bestärkung im Fall des school shooting etwas globaler und nicht auf einige Internet-Foren beschränkt: es gibt eine wesentlich erhöhte Akzeptanz gegenüber Gewalt und Kleinkriminalität unter größeren Bereichen von Jugendlichen - bereits in Form von Konsum entsprechender Videos, die als heißbegehrte Ware per MMS verteilt werden und auf unzähligen Handys zu finden sind. Und es gibt eine gewachsene gesellschaftliche Akzeptanz gegenüber Diskriminierung - und der Sprung von psychischer zu physischer Diskriminierung ist so groß nicht. Für mich bleibt ein wesentliches Problem, das mehr oder weniger einer ganzen Generation wesentliche Elemente entzogen oder erschwert zugänglich werden, tatsächlich eine stabile Persönlichkeit auszubilden.


bearbeitet von Ballou1957
Geschrieben (bearbeitet)

- bereits in Form von Konsum entsprechender Videos, die als heißbegehrte Ware per MMS verteilt werden und auf unzähligen Handys zu finden sind. Und es gibt eine gewachsene gesellschaftliche Akzeptanz gegenüber Diskriminierung -

Ballou, hast Du dafür tatsächlich Belege?
Für die "heißbegehrte Ware", denn ich persönlich bezweilfe aus meinen Erkenntnissen (über eigene Kinder und Freunde, Bekannte, Schule etc.) 1. das heißbegehrt + 2. das unzählig.
Auch bei der gewachsenen gesellschaftlichen Akzeptanz bin ich sehr vorsichtig.


bearbeitet von BabetteOliver
Geschrieben

Ein wirklich schwieriges Thema, vor allem mit dem Bezug auf den aktuellen Fall.

Dazu kann und mag ich mich fast nicht äußern, weil ich ihn zu wenig kenne und es auch schwer ist, die Informationen, die man bekommt, richtig einzuschätzen und mögliche enthaltene Vorbewertungen wieder auszublenden.

Die Fehlersuche erinnert eher an Schuldweitergabe, hilft aber keinem, macht nichts ungeschehen und verhindert so auch keine neuen Fälle.

Zitat von BabetteOliver:

"Durch die wesentlich stärkere Einbindung der Menschen in soziale Strukturen wurde ihnen Liebe, Geborgenheit und Halt gegeben."


Soziale Einbindung kann schon Halt geben, hat aber mit Liebe und Geborgenheit erst mal nix zu tun - für mein Verständnis. Und das es früher mehr Liebe in den Familien gab, wage ich, ehrlich gesagt, zu bezweifeln. Kann sein das ich falsch liege.

Aggressionen - ob fremd oder autoaggr. - sind nicht mal so einfach weg-therapierbar und ich denke sagen zu können, das viele The***uten keine Ahnung haben, wie sie dieses Thema überhaupt angehen sollen, geschweige denn Auswege aufzeigen können.

Ob ein The***ut solche Tendenzen wie gerade erkennen könnte?? - Wohl eher nicht. Der Patient (ja, sicher nicht alle) kann sehr genau steuern, wieviel er preis gibt, geben möchte, wie weit er die Hosen runter läßt, den The***uten in sich schauen läßt. Das ist nicht mal bewußte Böswilligkeit. Wer weiß schon, wie lang er sich überhaupt mit diesen Gedanken getragen hat?

Ballou:

Für mich bleibt ein wesentliches Problem, das mehr oder weniger einer ganzen Generation wesentliche Elemente entzogen oder erschwert zugänglich werden, tatsächlich eine stabile Persönlichkeit auszubilden.

Ich vermute, dass das immer schwieriger werden wird, weil instabile Verhältnisse wohl eher keine Sicherheit bieten können, die Voraussetzung dafür wäre.
Viele Fragezeichen im Kopf....


Geschrieben

@Oliver

Ich persönlich weiß von drei Schulen hier (Kleinstadtmilieu! keine hohe Kriminalitätsprobleme, keine eigenen massiven Gewalt- oder Erpressungsfälle), dass die Mehrheit der Kids zwischen 14 und 18 die Filme auf Handy hat oder hatte und die Elternbeiräte mehrere erfolglose Löschaktionen durchgeführt hatten. Freund von mir ist Berufschullehrer und Mediator für Fälle schulischer Gewalt und findet die Filme regelmäßig.

Ich sehe nicht das Problem einer gewachsenen Gewaltbereitschaft, sondern einem veränderten Akzeptanzverhalten: man kann dadurch Aufmerksamkeit erregen und damit beeindrucken.

Für mich ist es eine gewachsene gesellschaftliche Akzeptanz, dass sich mediale Formate, welche die Diskriminierung von Personen, Familien und Gesellschaftsgruppen zum Inhalt haben, erfolgreich durchsetzen konnten - viele Formate mit C-"Prominenz" sind ja schnell gefloppt, die andern sind geblieben. Das funktioniert ja nun nicht ohne Quote, da hiervon die Werbeeinnahmen abhängen. Ich erinnere mich noch, dass die ersten öffentlichen Diskriminierungen von Privatpersonen neben Prozessen noch öfffentlich Ablehnung nach sich zogen -ist erst wenige Jahre her. Heute ist es Standard, ebenso wie gefakte Biografien, deren gezielten Platzenlassen für Quote etc. zum Standardbild gehören. D.h. für mich, die gesellschaftliche Akzeptanz - und sei es nur in Form von Duldung - hat sich bereits geändert - die Botschaft ist: es ist möglich! Was mir fehlt, ist eine gesellschaftliche Solidarität gegenüber einer medialen Verletzung von Menschenwürde. Und das empfinde ich als Verrohung.


Geschrieben

Auch wenn solches nicht in meinem unmittelbaren persönlichen Bereich geschieht, ist es dennoch vorhanden. Darüber gab es auch schon öfters Berichte.


Allerdings ist es schwierig für den Einzelnen, Berichterstattungen erfolgreich zu kritisieren. Ich hab das mal versucht, die Aufregung hätte ich mir sparen können.


Geschrieben

mal so in die runde gefragt: Stimmt ihr mir zu das man, eigentlich nichts gegen solche Einzeltäter machen kann? Ich glaube das in jedweder Gesellschaft es immer mal Einen gibt, bei dem alles schiefgeht was schief gehen kann und es dann zum Extremfall kommt.
Und selbst wenn wir hier in dieser Runde uns irgendwann mal auf eine Ursache einigen können, wird es nichts daran ändern. Ich tendiere dazu es auf den einfachen Nenner zu bringen. "Nobody is perfect."


Geschrieben

Jeano, das so zu sagen, würde jede Hoffnung im Keim ersticken, Weg verschütten, die es vielleicht doch gibt.

Leicht ist es aber mit Sicherheit nicht.

Neben der menschlichen Seite, der Stärkung der Persönlichkeit, ist es wichtig, die Vorzeichen zu erkennen um Handeln zu können, die es ja scheinbar, wie im Nachhinein zu hören, immer gegeben hat/hätte.


Geschrieben

@jeano2
Habe leider heute keine Zeit, mich richtig ausführlich zu äußern und habe auch leider noch nicht alle Beiträge ausführlich lesen können.
Deshalb pauschal ein fettes Dankeschön von mir an alle User hier in diesem thread, die sich damit auch ernsthaft mit diesem Gedanken/dem Problem Mobbing mal auseinander setzen.

Zu Deiner Anregung sage ich mal ganz platt:
Ja, da hast Du schon Recht mit,
aber es kann ja deswegen nicht falsch sein, gewisse gesellschaftsbedingte Ursachen zu bekämpfen.

Und ich sehe da ganz klar Ursachen, wo wir Alle etwas dran tuen könn(t)en und sei es nur verpönen, bzw. da nicht mitmachen.


Geschrieben

.. Habe leider heute keine Zeit, mich richtig ausführlich...

das beruhigt mich schon ein bissel. Ich habs bald über, dass fast jeder beitrag hier über 1500 zeichen hat.

..Und ich sehe da ganz klar Ursachen, wo wir Alle etwas dran tuen könn(t)en und sei es nur verpönen, bzw. da nicht mitmachen.

naja nicht mitmachen ist ja wie die augen zudrücken oder wegsehen. Ich schätze du meinst das anders.


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