Späte Entdeckung der Liebe zwischen zwei Männern ….Teil 3

[Th****]

Das Feuer und die Glut

Die folgenden Wochen wurden zu einem geheimen Tanz zwischen Vertrautheit und neuem Verlangen. Die „unstillbare Lust“, von der Markus später dachte, sie sei wie ein unterirdischer Fluss gewesen, der jahrzehntelang unsichtbar geflossen war und nun mit unwiderstehlicher Kraft an die Oberfläche brach.

Es zeigte sich in den kleinsten Gesten. Beim gemeinsamen Zaunreparieren, wenn sich ihre Hände um das gleiche Werkzeug trafen und nicht sofort lösten. In den langen Blicken über den Gartenzaun, die nicht mehr nur der Verständigung dienten, sondern voller versprochener Intimität waren. In den kurzen, scheinbar beiläufigen Berührungen im Vorbeigehen – eine Hand am unteren Rücken, eine Schulter, die die andere streifte – die ein elektrisches Prickeln hinterließen.

Die eigentliche Intensität entfaltete sich jedoch hinter geschlossenen Türen. Nachdem Lieselotte zurückgekehrt war, mussten sie vorsichtiger werden, was die Begegnungen nur schärfer, die Sehnsucht nur dringlicher machte.

Ein regnerischer Donnerstagnachmittag. Lieselotte war zum Bridge-Abend verabredet. Kaum hatte ihr Auto die Straße verlassen, stand Leo mit regennasser Jacke in Markus‘ Flur. Kein Wort wurde gewechselt. Sie trafen aufeinander wie zwei Magnete, die zu lange getrennt waren. Die Jacke fiel zu Boden, gefolgt von Markus‘ Pullover. Küsse wurden nicht mehr angeboten, sondern genommen – hungrig, tief, erfüllt von einer Dringlichkeit, die beide überraschte und überwältigte.

„Ich kann nicht aufhören, an dich zu denken“, keuchte Leo gegen Markus‘ Hals, während er die Knöpfe seines Hemdes aufriss. „Beim Rasenmähen, beim Zeitungslesen… überall. Es ist, als hätte jemand einen Schalter umgelegt.“

Markus‘ Antwort war ein tiefer, bejahender Laut. Er führte Leo ins Wohnzimmer, nicht einmal bis zum Schlafzimmer schafften sie es dieses Mal. Auf dem alten persischen Teppich, im matten Licht des Regentages, entdeckten sie die wildere Seite ihres Begehrens.

Hier war keine zögernde Erkundung mehr, sondern ein gegenseitiges Inbesitznehmen, das von Monaten unterdrückter Blicke und kurzer Berührungen angeheizt wurde. Leo zeigte eine fordernde Seite, die Markus atemlos machte – seine Hände, sonst so sanft beim Umtopfen von Pflanzen, waren jetzt entschlossen, forschend, besitzergreifend. Und Markus, der stets der Bedächtigere von beiden gewesen war, antwortete mit einer Leidenschaft, die ihn selbst erschütterte.

Es war eine Sinnlichkeit, die von der Tiefe ihrer Vertrautheit genährt wurde. Sie kannten die Geschichte hinter jeder Narbe, die Bedeutung hinter jedem Seufzer. Wenn Markus seine Lippen auf die Stelle an Leos Schulter legte, wo eine alte Gartenverletzung eine hellere Haut hinterlassen hatte, war es nicht nur ein Kuss, sondern eine Erinnerung. Wenn Leo die leichte Krümmung von Markus‘ Rücken mit Ehrfurcht berührte, die von Jahren am Schreibtisch herrührte, war es eine Anerkennung seines ganzen Lebens.

Später, in der Stille des abklingenden Regens, lag Leo mit dem Kopf auf Markus‘ Brust. „Das hier… es fühlt sich an, als ob mein ganzer Körper erst jetzt aufwacht. Mit sechsundsechzig. Ist das nicht verrückt?“

„Es ist ein Geschenk“, korrigierte Markus sanft, seine Finger zogen langsam Kreise auf Leos Rücken. „Spät, aber nicht zu spät. Diese Lust… sie ist nicht nur körperlich, Leo. Sie ist eine Lust auf dich. Auf deine Geschichten, dein Lachen, deine Anwesenheit in meinem Leben. Der Körper ist nur der Teil, der am lautesten ‚ja‘ sagt.“

Dieses „Ja“ wurde zu ihrem Leitmotiv. Es erklang in dem hastigen, leidenschaftlichen Zusammensein in Markus‘ Gartenhaus, während Lieselotte einen Mittagsschlaf hielt. Es flüsterte in den langen, süßen Stunden an Sonntagnachmittagen, die sie als „Zeit für uns“ tarnten, in denen die Welt auf die Größe von Markus‘ Schlafzimmer schrumpfte und die Zeit sich dehnte. Sie entdeckten die Freude an der Langsamkeit und die Ekstase der Unmittelbarkeit. Sie lernten die Geografie des anderen so genau kennen, dass eine leichte Berührung an der richtigen Stelle einen ganzen Kaskadeneffekt von Reaktionen auslösen konnte.

Die Lust war unstillbar, weil sie mehr als nur Hormone war. Sie war die freudige, gierige Feier einer Entdeckung, die ihr Leben von Grund auf veränderte. Es war, als hätten sie jahrzehntelang in Schwarz-Weiß gelebt und sähen nun in Farbe.

Eines Abends, als sie sich angezogen und die Spuren ihrer Leidenschaft beseitigt hatten, blieb Leo an der Tür stehen. „Ich fürchte mich manchmal“, gestand er. „Davor, dass diese Intensität vergehen könnte. Dass es nur eine Phase ist.“

Markus zog ihn an sich. „Alles in einem Leben ist eine Phase“, sagte er. „Die Kindheit, die Ehe, die Karriere, die Trauer. Dies hier ist unsere jetzige Phase. Und ich habe keine Eile, sie zu beenden.“

Der Blick, den sie austauschten, war voller Versprechen und ungestillter Begierde, die bereits für das nächste Mal brannte. Draußen gingen Lichter in den Häusern an, der Alltag rief. Aber in ihnen brannte ein neues, warmes Feuer – spät entfacht, aber umso heller und beständiger, weil es aus der tiefen Glut einer langjährigen Freundschaft genährt wurde.

 

…… Fortsetzung folgt

[Talulah1]

so intensiv geschrieben, das berührt mich total

[Th****]

Das freut mich