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Delfinenritt


Empfohlener Beitrag

Der Text ist hei

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Geschrieben

Ungewohnt fordernd hat deine Stimme geklungen, als ich dich am Telefon gefragt habe, ob es bei unserer Verabredung zum nächtlichen Schwimmen bleiben würde. Mißmutig lege ich auf und sehe aus dem Fenster. Es ist bereits dunkel, die Lichter der Stadt glitzern in den Regentropfen, die an der Scheibe herabrirannen, und mich überläuft ein Frösteln bei der Vorstellung, meinen Arsch bei dieser für die Jahreszeit untypischen Kälte vor die Tür zu bewegen. 

Im Hinausgehen drücke ich meine Zigarette in einer Untertasse aus, die auf dem niedrigen Bistro-Tischchen neben der Eingangstür steht. Ich beeile mich, über die Straße schnell das Auto zu erreichen, beim Einsteigen schüttle ich den Kopf über mich selbst: den Schirm, den ich zusammengerollt unter den Arm geklemmt hatte, werfe ich umständlich über die Lehne des Beifahrersitzes nach hinten, frage mich dabei, warum ich ihn überhaupt mitgenommen habe. 

Während der Fahrt zum See denke ich an dich. Wir kennen uns noch nicht lange, haben uns erst wenige Wochen zuvor auf einer stinklangweiligen Vernissage kennengelernt, du warst der Einzige, der das ausgesprochen hat, was den meisten Besuchern vom Gesicht abzulesen war. Ich habe darüber lachen müssen, und als du mich aufgefordert hast, mit dir ins nahegelegene Café zum verspäteten Brunch zu gehen, bin ich einfach mitgegangen. Es ist, als würden wir uns schon seit Ewigkeiten kennen, von Anfang an. Als du mit derselben Selbstverständlichkeit, mit der du mich ins Café mitgeschleppt hast, mehr feststelltest als fragtest: „Zu dir oder zu mir?“ bin ich ohne zu zögern mitgegangen. 

Vertraut. Wir haben miteinander geschlafen, und es hat sich angefühlt, als hätten wir es schon oft miteinander getan. Jeder Griff, jede Drehung, deine Hände auf meiner Haut, unsere Stellungswechsel waren so vorhersehbar wie die eines Paares nach vielen Jahren. „Warum ist das so?“ habe ich dich gefragt, und du hast mich angesehen, als würdest du die Frage nicht verstehen. Du hast nicht versucht, mir zu folgen, als ich deinen Lippen ausgewichen bin, und als du dich wie ein warmer Mantel von hinten um mich geschmiegt hast, konnte ich die Wärme deiner Haut an meinem Rücken genießen und einschlafen. Vertraut, schön, unaufgeregt.

Der Regen trommelt jetzt kräftig auf die Windschutzscheiben, das Prasseln auf dem Autodach ist laut. Ich fahre den Wagen an der verabredeten Stelle auf den Parkplatz, fühle mich etwas klamm von den feucht gewordenen Klamotten ebenso wie von meiner Stimmung. Deine Stimme vorhin am Telefon geht mir nicht aus dem Kopf, ich konnte sie nicht deuten. Unschlüssig sitze ich eine Weile herum, warte, ob du dich zeigen wirst, weiß nicht einmal, ob du wirklich kommst. Verabredet haben wir das Treffen schon vor ein paar Tagen, daß es regnen würde, war nicht vorhergesehen. 

Ah, ich muß ein bißchen grinsen, als ich zurückdenke... du kennst meine Vorliebe für Wasser, weißt, daß es mein Element ist, in dem ich mich tummeln und sicher fühlen kann wie ein Wassertier, ich hab dir erzählt, wie sehr ich es immer genossen habe, mich unter Wasser zu drehen, schnell und immer schneller, bis Oben und Unten verschwunden waren, um einen kleinen Moment der Schwerelosigkeit auszukosten. Das Gefühl auf der Haut, das Getragensein, die Leichtigkeit meiner Bewegungen, die Sicherheit, die mir das Wasser gibt, und auch Andersens Märchen von der kleinen Meerjungfrau, deren Sehnsucht ich bis heute nicht begreifen kann... du hast dir all das angehört und gegrinst und gesagt, daß du einen Delphinenritt mit mir veranstalten willst. Einen Vogel hab ich dir gezeigt, aber du warst beharrlich, hast meine Bedenken darüber, daß wir am See überrascht werden könnten, zerstreut: wer würde schon mitten in der Nacht am See sein, wenn nicht Leute, die das gleiche tun würden wie wir?

Jetzt sitze ich hier, warte immer noch und werde ungeduldig. Ich soll pünktlich sein, hast du gesagt. Nun gut, jetzt bin ich hier und werde die Gelegenheit nutzen, denke ich trotzig. Ich fange an, mich aus den Kleidern zu schälen, schwierig in der Enge des Wagens, der feuchte Stoff klebt an meiner Haut. Ich bin nackt jetzt und überlege kurz, ob ich bei dem starken Böen wohl den Schirm verwenden kann, dann lache ich über meine Dummheit, hole kurz Luft und steige aus. Huh! Kalt, wie kleine Nadelspitzen prickeln die Tropfen auf meine Haut, kühl, in kürzester Zeit bin ich naß... was für ein herrliches Gefühl! Es ist ziemlich dunkel, der Himmel ist bedeckt, nur die Beleuchtung von der Straße gibt aus der Ferne ein bißchen Licht, und das Wasser, das wenige Meter entfernt in sich überschlagenden, kleinen Wellen das Ufer heraufleckt, fängt es auf und gibt einen diffus durchbrochenen Schimmer zurück. 

Jetzt zögere ich nicht mehr, will aus dem heftig an mir herumzerrenden Regen ins Wasser, laufe los, direkt hinein in das dunkle, bewegte Element. Es ist wärmer als die Luft, nimmt mich auf, ich kann mich nach wenigen Schritten vornüber fallen lassen, und als ich untertauche, ist es auf einmal still, wie aus weiter Entfernung ist das Platschen der Tropfen auf der Wasserfläche über mir zu hören. Etwas streichelt meinen Fuß entlang, ein Stück Treibgut, eine der vielen Wasserpflanzen, die um diese Jahreszeit vom Grund fast bis an die Oberfläche wachsen, ich weiß es nicht. Instinktiv werden meine Bewegungen flach, ich vermeide weit ausholende Schwimmbewegungen mit den Beinen, die Geschichte von Vater und Sohn, die vor ein paar Jahren in diesem See ertrunken sind, festgehalten von den Wasserpflanzen, zieht angenehm gruselig an mir vorbei. Ich schwimme mit geschlossenen Augen, fast so schön wie früher ist es, als ich noch unbefangener war, und ich denke mich in den Fischotter, der schnell und zäh ist, tauche als Fisch auf der Suche nach anderen Fischen, drehe mich auf den Rücken, um mich auf den Wellen treiben zu lassen, mit geschlossenen Augen und ausgebreiteten Armen, halte ganz still und genieße das Prickeln des Regens auf meiner Haut. 

Die Berührung kommt unerwartet, streift meine Schenkel, schwimmt unter mir vorbei. Ich erstarre für einen Moment, bin jetzt ganz Tier, das mit allen Sinnen sichert, ob Gefahr droht, spüre die Veränderung des Wasserdrucks auf meiner Haut, die das Wesen unter mir bewirkt. Ein Hauch von Wärme? Bereits bevor du mich erneut streifst, diesmal mit deiner ganzen Körperlänge unter meinem Rücken hindurch, weiß ich daß du es bist, atme zitternd aus, gerate aus dem Gleichgewicht und sinke ab, unter die Wasseroberfläche. Ich lasse es zu, trotz des Schreckens weiß ich, daß keine Angst mich ertrinken lassen kann. Mein Körper wird weich und nachgiebig, überläßt sich vertrauensvoll dem Wasser, das mich wieder nach oben trägt, und als ich Luft hole, tauchst du neben mir auf, schwer atmend, dein Tauchgang hat dich angestrengt. Ich höre dich mehr als daß ich dich sehe, wir sprechen nicht, dann bist du plötzlich wieder verschwunden, und ich halte still, als ich deine Hände spüre, die meinen Bauch berühren, warm, fest, dann schlingen sich deine Arme um mich und ein leises Kratzen zeigt mir, wo deine Wangen sich befinden. 

Blasen steigen auf, kitzeln, lassen mich lachen, bevor ich mit dir absinke, die Stille unter Wasser läßt mich dich ganz spüren, nur du und ich sind hier, nur noch Haut auf Haut. Meine Hände ertasten dein Haar, weich treibt es um deinen Kopf, ich spüre deinen Mund, der sich warm und saugend über meinen Körper bewegt, meine Brüste schwingen mit den Wellen leicht auf und ab, und ich bedauere es, wieder auftauchen zu müssen, Luft zu holen, Kraft zu sammeln. 

Ich spüre dich, dein Körper liegt an meinem, deine Beine bewegen sich rudernd, als ich meine Beine um deine Mitte schlinge, und wie von selbst schiebt sich dein Schwanz in meine Spalte, schmiegt sich an, warm, zuckend, und ich höre wieder deinen Atem, schneller diesmal. Du bist nicht so vertraut mit dem Wasser wie ich, es fällt dir schwer, dich ihm hinzugeben, so wie es mir schwer fällt, mich dir hinzugeben. Vorsichtig erkunden wir uns, ich teile die Ruhe des Wassers mit dir, du gibst mir sicheren Halt an deiner Haut, wir schnuppern und atmen uns an, meine Zunge fängt Wassertropfen aus deinem Gesicht, deine Lippen umschließen mein Kinn, bevor sie keck nach oben wandern, nach meiner Unterlippe haschen, ich weiche nicht aus. 

Und dann lasse ich mich nach hinten sinken, nehme dich mit in meiner Umarmung, gemächlich tauche ich rückwärts wieder ins Wasser, nur ein wenig, und du ruhst auf meinem Bauch, noch immer umschlungen von meinen Beinen, du lernst schnell, dein Gesicht folgt mir willig unter die Oberfläche, deine Zunge zieht eine weiche Linie zwischen meinen Brüsten, und weich lasse ich mein Becken jetzt kreisen, mit dem Wasser dir entgegen. Du verstehst, löst deinen Schwanz aus der weichen Umarmung meiner Schamlippen, versuchst dich in mich zu schieben, aber es neckt uns, das Wasser, läßt deine erhitzte Stange mal hier, mal dort erfolglos anklopfen, und im Auftauchen lache ich atemlos, halte dich, bis du wieder Luft geholt hast, stupse und necke dich jetzt selbst, mein Knötchen pocht und verlangt nach deinen Berührungen. Du lachst jetzt mit, spielst mit, wir haschen und locken einander wie Kinder auf dem Schulhof.

Und dann schlüpfst du hinein, einfach so, mein Eingang ist weit offen und bereit, heiß ist das und willkommen nach der Kühle. Ich umschließe dich, massiere, presse, umschmeichle ihn, hör dich an meinem Ohr schwer atmen, und als wir wieder abtauchen, verwandelt sich dein Atem in viele laute Luftblasen. Du bewegst dich, stößt zu, und ich stoße zurück, schnell, fieberhaft, immer heftiger, und ich spüre am Griff deiner Arme, wann es Zeit zum Auftauchen ist. Unsere Schreie mischen sich, als wir die Oberfläche durchbrechen, ich spüre dich in mir kommen, meine Muschel zuckt unkontrolliert, will nicht mehr aufhören, stemmt sich mit aller Macht gegen die Konzentration, die ich brauche um uns beide an der Oberfläche zu halten. 

Irgendwann verebben die stürmischen Wellen, unsere Körper driften auseinander, erschöpft treiben wir nebeneinander auf dem Wasser, nur unsere Hände sind noch miteinander verbunden. 

Wieviel Zeit vergeht, bis die Kraft in meine Glieder und in mein Denken zurückkehrt, weiß ich nicht. Müde, fast schläfrig bin ich, als du mich stumm aufforderst, mit dir zurück ans Ufer zu schwimmen. 

Der Regen hat aufgehört, als wir mein Auto erreichen. Dankbar lasse ich mich in den Rücksitz fallen, froh darüber, daß ich in meiner träumerischen Müdigkeit bleiben darf, während du uns zurückfährst.

 

Geschrieben

Sehr schön. Mal ganz was anderes..... :-)

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