Ich war nur Beobachter – und doch nicht unbeteiligt

[CAT-IS-BACK]

 

Ich wusste von Anfang an, wer wir waren.
Drei feminine Transvestiten, jede von uns auf ihre eigene Weise weich, selbstbewusst und verletzlich zugleich.
Kein Versteckspiel.
Keine Rollen, die erklärt werden mussten.
Nur drei Menschen, die sich entschieden hatten, an diesem Abend ganz sie selbst zu sein.

Ich hatte mir eingeredet, dass Abstand möglich sei.
Dass zwischen mir und ihnen immer diese eine unsichtbare Linie bleiben würde.
Die Kamera als Grenze.
Die Rolle als Schutz.

Doch je länger der Abend dauerte, desto mehr zerfiel diese Illusion.

Der Raum war warm.
Zu warm.
Der Alkohol hatte etwas Gelöstes, fast Schwereloses hinterlassen.
Worte kamen langsamer, dafür ehrlicher.
Und unter jedem Satz lag etwas Ungesagtes, das sich nicht mehr ignorieren ließ.

Ich beobachtete sie alle drei –
aber immer wieder zog mich Catta zurück.
Nicht wegen einer einzelnen Bewegung, sondern wegen der Summe.
Wie sie sich hielt.
Wie sie Blicke zuließ, ohne sie einzufordern.
Wie selbstverständlich sie ihre eigene Wirkung akzeptierte.

Mery war ihr stiller Anker.
Seine Nähe war spürbar, selbst wenn er nichts tat.
Wenn er sie ansah, lag darin kein Besitz, sondern Erlaubnis.
Und genau das machte es so intensiv.

Die Besucherin war nervös.
Ich sah es an ihren Händen.
An der Art, wie sie lachte und sofort wieder verstummte.
Sie war fasziniert – und das Wissen darum machte sie verletzlich.

Als Catta den Raum verließ, wurde es plötzlich eng.
Nicht räumlich.
Innerlich.

Ich hörte das Summen in meinen Ohren.
Nahm die Kamera hoch, fast reflexartig,
als müsste ich mich an etwas festhalten.

Als sie zurückkam, spürte ich es körperlich.
Dieses leise, elektrische Umschalten.
Der Moment, in dem aus Möglichkeit Absicht wird.

Mery sah sie an.
Nicht fragend.
Nicht überrascht.
Nur dieses eine Zeichen, so klein, so eindeutig.

Und in mir zog sich etwas zusammen.
Ein Knoten aus Erregung, Ehrfurcht und dem Wissen,
dass ich Zeuge von etwas war, das sich nicht wiederholen ließ.

Catta bewegte sich langsam.
Zu langsam, um zufällig zu sein.
Die Nähe zur Besucherin war plötzlich kein Versehen mehr,
sondern ein Angebot, das im Raum schwebte.

Ich filmte nicht, was geschah.
Ich filmte wann es geschah.
Den Sekundenbruchteil, in dem jemand nicht mehr ausweicht.
Den Moment, in dem ein Blick nicht mehr wegsieht.

Meine Atmung wurde flacher.
Nicht, weil ich Teil davon war –
sondern weil ich spürte, wie sich ihre Intimität auf mich übertrug.
Wie Nähe ansteckend sein kann.

Als Mery sich näherte, veränderte sich alles noch einmal.
Die Spannung kippte.
Wurde dichter.
Schwerer.
Unaufhaltsam.

Drei feminine Körper, die sich gegenseitig lasen.
Nicht hastig.
Nicht gierig.
Sondern mit einer Intensität, die Zeit bedeutungslos machte.

Ich fühlte mich entblößt –
nicht körperlich, sondern innerlich.
Als würde das, was ich sah, auch etwas in mir öffnen,
ohne dass ich darum gebeten hatte.

Die Kamera zitterte leicht.
Ich zwang mich zur Ruhe.
Nicht aus Professionalität –
sondern aus Respekt.

Was folgte, entzog sich dem Blick.
Nicht, weil es verborgen wurde,
sondern weil es nicht gezeigt werden musste.

Ich sah Schatten.
Hörte veränderte Atemzüge.
Spürte diese dichte, vibrierende Stille,
die nur entsteht, wenn Menschen sich vollkommen einig sind.

In diesem Moment verstand ich:
Intensität braucht keine Details.

Sie lebt von Hingabe.
Von Einverständnis.
Von dem Mut, gesehen zu werden.

Als ich später allein war,
die Kamera ausgeschaltet,
die Bilder noch brennend in meinem Kopf,
wusste ich:

Ich war nicht derselbe Mensch, der diesen Raum betreten hatte.

Ich war nur Beobachter gewesen.
Aber das hatte gereicht,
um mich tief zu verändern.

[ritch1]

Sehr schön geschrieben, ich bin begeistert 😘

[Sa****]

Hallo erstmal es ist schön das du das erleben durftest. Ich hätte ähnliches erlebt . Nicht mit Kamera aber mit meinen Augen. Ich wünschte ich hätte eine Kamera gehabt. Aber etwas so intimes zu erleben ist maßlos aufregend und immer wieder neu.