Wenn du glaubst, du müsstest hart sein

Oktober 14

Lieber Mann

Du wurdest darauf trainiert, dich zu halten.
Nicht zu fühlen.
Zu funktionieren.
Deine Zähne zusammenzubeißen, wenn dein Herz weinte.

Und sie nannten das „Mannsein“.

Sie sagten dir, du müsstest stark sein –
aber sie verwechselten Stärke mit Erstarrung.
Sie sagten, du müsstest Kontrolle haben –
aber sie raubten dir die Fähigkeit, dich hinzugeben.
Sie sagten, du müsstest Leistung bringen –
und nahmen dir die Kunst, einfach zu sein.

Doch ich sehe dich.
Ich fühle, wie du manchmal innerlich zitterst,
wenn du dich berühren lässt.
Wie du nicht weißt, wohin mit der Wärme in deinem Becken,
wenn du endlich nicht mehr kämpfen musst.

Ich sehe das weiche Tier in dir –
den Mann, der nicht mehr erobern,
sondern sich erinnern will.
Der spüren will,
wie es ist, sich in einer Frau nicht zu verlieren,
sondern sich selbst wiederzufinden.

Deine Härte war kein Schutz.
Sie war dein Käfig.
Sie hielt dich weit weg von dem,
was dich eigentlich unbesiegbar macht:
deine Zärtlichkeit.

Wenn du loslässt –
nicht deinen Stand,
sondern deinen Panzer –
beginnt etwas in dir zu atmen,
das nie gestorben ist.
Dein Herz, dein Lingam, dein ganzer Körper
wird zu einem Tor,
durch das Leben selbst sich wieder fühlen darf.

Du musst nicht mehr hart sein.
Du darfst tief und weich sein.
Du darfst vibrieren, zittern, lieben,
ohne dich dafür zu schämen.

Denn das ist wahre Männlichkeit:
Wenn deine Lust dein Herz führt. Wenn deine Erektion Gebet ist.