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Lena, ich und die Theorie, die von der Praxis über den Haufen geworfen wird


athomeinmyhead

Empfohlener Beitrag

Der Text ist hei

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Geschrieben

Mein Blick wandert durch die Stuhlreihen. Die vielen, sehr vielen, ZU vielen Stuhlreihen. Zahllose Menschenleiber, die sich aneinander drängen. Hier werde ich sie niemals finden, wird mir klar. Was für eine sinnbefreite Idee von mir, sich im Studentenviertel zu treffen. Ich habe vergessen, dass hier, sobald die Tage länger und die Nächte lau werden, der allabendliche spontane Studentenmob wie ein Pilz sprießt und junge Leute aus allen Ecken und Spalten kriechen. Die Outdoor-Bestuhlung der gedrängt stehenden Kneipen verschmilzt miteinander, so dass sich im Kochtopf aus lachenden, rauchenden und trinkenden Gestalten nicht mehr erkennen lässt, welche Tische zu welchem Lokal gehören. Und überall wird auf dem Boden gesessen, in Hockern gefläzt oder in lockeren Grüppchen herumgestanden.
Saublödeste Idee für 'nen Treffpunkt ever.
Echt.
Ich finde nichtmal mehr drinnen einen freien Platz, gucke mich draußen nochmal nach ihr um und versuche dann, mich lässig an einen Baum in der Fußgängerzone zu lehnen. Winkle einen Fuß ab, presse ihn gegen die Rinde. Linke Hand in die Hosentasche, rechte ans Smartphone. Jetzt 'ne Kippe wär gut. Eine Begrüßung mit Rauchfahne hingegen nicht. Ich verkneif mir die Zigarette und betrachte Lenas Profilbild. Klein. Verpixelt. Könnte fast jede der brünetten Frauen hier sein. Oder auch keine. Vielleicht taucht sie ja überhaupt nicht auf. Das Handy brummt kurz, als eine Nachricht eingeht. Von ihr! Ich berühre das Brief-Icon.
"Halb drei", steht da nur. Einen Moment lang ergeben die Worte keinen Sinn, denn es ist kurz vor neun. Dann dämmert mir die Bedeutung, ich gucke auf und sondiere das Studentenvolk. Auf halb drei bleibt mein Blick an ihrem hängen. Sie sieht mich direkt an, ein leises Lächeln auf den Lippen. Einfach so sitzt sie dort, an einem kleinen Zweier-Tisch, ganz einsam, nur fünf Schritte entfernt; ich Idiot hab sie einfach übersehen. Während ich hoffe, dass die hereinbrechende Dunkelheit mein leichtes Erröten einigermaßen kaschiert, erwidere ich das Lächeln und bahne mir im Zickzack einen Weg zu ihrem Tisch. Sie sieht genauso aus, wie sie sich beschrieben hat: Kein Magermodel, aber auch nicht dick; mit kleinen Pölsterchen am Bauch und den Hüften ... und dem oft damit einhergehenden, ausladenden Busen. Ihre braunen langen Haare waren auf dem Foto gelockt, sind heute aber glatt.
"Hey", sag ich, als ich endlich neben ihr stehe. Ich will ihr gerade die Hand hinstrecken, als sie aufsteht, sich nach vorn beugt und mich flüchtig umarmt. Ich spüre, wie ihre Brüste sich kurz gegen meine Brust drücken. Große, feste, aber doch wunderbar nachgiebige Brüste.
"Hey", sagt sie fröhlich, ihre Stimme nah an meinem Ohr. Angenehm klingt sie - ein wenig rauchig, ein bißchen dunkel. Gefällt mir. Wir setzen uns und sehen uns in die Augen. Ihre sind braun. Sehr braun. Mein Kopf bastelt gleichzeitig an fünf Sätzen, um das Schweigen zu brechen. Nach schneller Prüfung der Wortbaustellen finde ich die Resultate allesamt äußerst doof oder lahm oder beides. Ich greife auf ein für mich bewährtes Mittel in solchen Situationen zurück: Einfach aussprechen, was mir durch den Kopf geht.
"Verdammt", sag ich und verziehe den Mund in der Hoffnung, dabei schelmisch zu wirken. "Ich versuch grad angestrengt, irgendwas Schlaues zu sagen, um das Schweigen zu brechen, aber ... du machst mir das echt nicht leicht, wenn du mich so anguckst."
Sie lacht auf, legt ihre Arme auf den Tisch, verschränkt ihre Hände unter dem Kinn und lässt dabei ihre Augen nicht von meinen. Ihre rechte Braue hebt sich. "Wie guck' ich denn?"
"Total sympathisch", sag' ich sofort und meine es auch so, finde allerdings, dass "total heiß" es besser treffen würde, aber in der ersten Kennenlern-Minute vielleicht nicht die geeignetste Wortwahl darstellt. "Ich mag's, wenn man so mit den Augen ... kommunizieren kann", sag ich. "Wenn man sich ansieht und ... am anderen hängen bleibt. Den Blick nicht abwenden kann. Beziehungsweise will."
"Zerredest du immer alles so sehr?" Sie blitzt mich an, und ich sehe, dass die Frage nur halb ernst gemeint ist.
"Ja", entgegne ich nickend. "Immer. Alles. Alte Familientradition."
Sie lacht noch einmal, kramt eine Schachtel Zigaretten aus ihrer Handtasche, klappt sie auf und bietet mir eine an. Wir rauchen, schweigen, gucken uns an. Es ist kein unangenehmes Schweigen. Wir wollen nicht reden, müssen nicht reden. Uns nur ansehen. Blinzeln. Mit der Mimik spielen - und dabei die Augen nicht voneinander lassen. Überall um uns herum plappern die Leute und diskutieren über dies und jenes, aber über Lena und mich hat sich eine Glocke der Wortlosigkeit gestülpt, während wir uns betrachten. Wir sind beide in unserem kleinen "ich treffe jemanden, mit dem ich vielleicht vögeln will, und mmmh, mir gefällt, was ich sehe"-Kosmos. Ich jedenfalls bin genau dort. Und hoffe, dass das auf Gegenseitigkeit beruht. Ich mustere ihr Gesicht, die Lachfältchen um ihren Mund, die Haarsträhne, die ihr in die Stirn hängt und die Sommersprossensprenkel um ihre Nase und ihren Hals. Sie starrt mir unentwegt in die Augen, und ich lasse meinen Blick provokativ an ihrem Hals herabgleiten, über die kleine Mulde am Schlüsselbein und tiefer, hinunter zu ihrem halboffenen Dekolleté, das sich bei jedem Atemzug hebt und wieder senkt: Ein Hauch Haut, der zwischen den Knöpfen der Bluse, dort, wo sich der Stoff aufwirft, hervorschimmert. Ein dunkler BH, der sich darunter abzeichnet ...

Ende Part 1



Falls gewünscht, erzähle ich gern weiter ...


Geschrieben

Sehr nett geschrieben würde gern lesen wie es weiter geht!


Geschrieben

liest sich gut...erfreulich anders, als das was man sonst hier so findet


Geschrieben

3 Kommentare, davon 2 von Frauen, die hier ja doch weniger vertreten sind.
Das ist sicher kein Zufall.
Dein Schreibstil kommt somit bei den Damen an- und nicht nur bei ihnen.
Mach bitte weiter, es liest sich wirklich gut.


Geschrieben (bearbeitet)

Eine Stiefelspitze berührt wie beiläufig meine Jeans, reibt am Stoff, unerwartet, elektrisierend. Im nächsten Moment ist Lenas Bein schon wieder zurück in ihrem Territorium, und mein Blick erneut an ihre Augen geheftet.

"Ich hol uns mal was zu trinken", sagt sie, lächelt mich an und schnippt ihren Zigarettenstummel auf die Straße.

Verdammt. Ich Honk. Drinks! Wie kann man sowas Elementares vergessen?

"Warte", sag ich und steh auf. "Lass mich das machen."

"Musst du nicht." Sie guckt auf die Menschenmenge, sieht wieder mich an und zwinkert. "Ich komme schon wieder."

"Nene, das mach ich. Ist, ähm, logistisch gesehen klüger, wenn ich gehe. Ich bin näher dran." Ich deute von mir zu ihr und dann in Richtung der Bar, die von einer wabernden Studentenmasse umschwärmt wird. "Außerdem isses mir echt ein wenig peinlich, dass ich das mit den Drinks so komplett ausgeblendet hab."

Und zudem lässt man nicht beim ersten Date die Frau loslaufen, um Getränke zu holen. Emanzipation schön und gut, aber alles hat ja seine Grenzen.

Ich mache mich flugs auf den Weg, um ihr die Chance auf einen Konter zu nehmen und bin bereits ein paar Meter weit gekommen, als mir siedendheiß einfällt, dass ich Lena mal hätte fragen sollen, was sie überhaupt trinken will.

Damn. Was tun? Einfach mal zwei Bier holen? Oder doch besser Cocktails. Aber viele Frauen mögen eher Wein ... oder nen Hugo. Oder ... ach, das führt doch zu nichts. Ich halte inne, drehe mich um und schiebe mich erneut durch das Grüppchen Hipster, durch das ich mich eben schon gezwängt habe. Bärte. Mehr Bärte. Böse Blicke. Dann bin ich durch. Und laufe genau in Lena hinein, die ihrerseits drauf und dran war, das Projekt Hipster-Durchquerung in Angriff zu nehmen.

Ich gucke Lena an, Lena guckt mich an. Ich gucke zu unserem Tisch, der nun einsam und verlassen im Menschenmeer steht. Dann zu zwei Pärchen, die bereits ein Auge auf den freien Platz geworfen haben. Dann wieder zu Lena.

"Ich find's hier unangenehm", sagt sie. "Gedränge is nich so meins." Sie klingt, als wolle sie sich entschuldigen.

Ich gucke noch einmal durch die Menge. "Seh ich genauso. Und ich finde außerdem, dass es keiner gesonderten Erklärung bedarf, wenn man Studenten nicht ab kann."

Lena lacht und setzt zu einer Antwort an, aber irgendein Kerl drängelt sich zwischen uns durch, prallt gegen die Hipstergruppe und fasst den unglücklichen Entschluss, weiter zu drängeln.

"Guter Zeitpunkt, um zu gehen", sag ich, fasse Lena bei der Hand und ziehe sie weg von hier, während mehrere Leute hinter uns aufeinander einreden, die Stimmen erheben und reflexhaftes Herumgeschubse beginnt.

Lenas Hände fühlen sich weich an, warm. Ihr Daumen reibt über meine Handfläche, während sie fester zupackt, um mich nicht zu verlieren. Ihre Fingernägel üben leichten Druck auf meine Haut aus, und eine weitere elektrisierende Welle geht durch meinen Körper, kribbelt in meinem Kopf.

Ich entdecke eine Lücke im Dickicht, presche voran, aber ein Nerd mit Hornbrille nimmt mir die Vorfahrt, biegt ab, und wieder ist da nur eine undurchdringbare Wand Menschen. Leicht genervt drehe ich um und will einen anderen Weg einschlagen, als Lena angerempelt wird und in meinen Armen landet. Auf einmal sind ihre Augen ganz nah an meinen, ihr Gesicht auf Höhe meines Kinns, ihr Atem auf meiner Haut. Ich rieche ihr Parfum. Ihren Körper. Den Duft ihres Shampoos. Sehe, wie sie mich ansieht. Glaube, ein Funkeln in ihren Pupillen zu sehen und glaube, dass es mir gilt. Und bemerke viel zu spät, wie bei dem Intermezzo ihre Brüste an mir entlang streifen. Im nächsten Moment haben wir wieder Platz, und das einzige, was ich berühre, ist ihre Hand.

Wir genießen die Nachtluft, während wir die letzten Bars hinter uns lassen, die Luft kühler wird und der Lärm zu einem entfernten Murmeln. Lenas Stiefel klackern auf dem Asphalt.

"Wohin?", frag ich. "Soll'n wir runter zum Fluss? Sind nur zehn Minuten."


bearbeitet von athomeinmyhead
Hatte noch was vergessen
Geschrieben

Danke übrigens für's Lob. Macht Spaß, zu schreiben, wenn es Leuten gefällt!


Geschrieben

Sehr gerne! Es liest sich echt gut und es hebt sich doch sehr ab von vielen Geschichten hier! Bitte schnell weiter schreiben!


Geschrieben

Auch von mir ein großes Lob, es liest sich wirklich toll.
Bitte schreibe weiter so.

lg leon


Geschrieben

Ich hoffe ich komme heut abend dazu, was zu schreiben.

Kleine Anekdote für zwischendurch: Ich bin ja erst seit Mittwoch hier angemeldet und hab mich gewundert, dass 9 von 10 Besuchern meines Profils Männer sind. Manche haben sich das Profil sogar recht oft angeguckt. Nun ... habe grad bemerkt, dass ich "Sucht einen Mann" angegeben hatte beim Partnerwunsch. Möp. ;-)


Geschrieben

Und dieser und jener Leser männlich hetero, wird aufgrund Deiner schönen Geschichte vermutlich auch mal auf Dein Profil schauen .


Geschrieben

Hihi ich du hast es jetzt geändert.......


Geschrieben

Sie guckt mich an und überlegt einen Augenblick, lächelt dann, sagt "Okay!" und marschiert voraus. Ich schließe schnell zu ihr auf, bringe einen Schlenker zur nächsten Tankstelle ins Gespräch, um die Getränkeversorgung zu sichern, und wir ziehen los.
"Die machen es einem auch nicht leicht", sagt Lena. Ich blicke sie fragend an, und sie beginnt, zu gestikulieren. "Leute, die sich selbst in Schubladen stecken. Ich versuch ja, mir keine Vorurteile auf Grund von Äußerlichkeiten zu bilden. Aber manche scheinen das regelrecht zu wollen, so sehr wie die sich in ein Muster reinzwängen."
"Ich komm glaub nicht ganz mit", gestehe ich.
"Na ... wie diese Hipster. Also ... sagen wir mal, hier ist n Mensch. So ... der Prototyp in der Grundversion. Erstmal noch nirgendwo zuzuordnen." Sie deutet auf eine imaginäre Person direkt vor sich. "Dann irgendne Schablone drauf" - sie tut so, als würde sie mit beiden Händen etwas halten und auf den Mensch pressen, den sie sich gerade einbildet - "fertig ist der Hipster. Oder der Raver. Oder der Surferboy. Die machen die Schublade auf und steigen dann auch noch selbst rein."
Ich muss lachen. "Ich glaub, das ist eben die Ideologie. Man identifiziert sich mit etwas und zeigt dann halt Zugehörigkeit."
Lena blickt mich schräg von der Seite an. "Zugehörigkeit."
"Klar."
"Zu einer Subkultur, die für Individualität stehen will. Wie individuell ist das denn?"
"Na ja", sag ich. "Ganz unverständlich ist es nicht. Wenn man sich selbst in ne Schablone presst und viele andere das auch machen, dann findet man leicht Gleichgesinnte an Hand des äußeren Erscheinungsbilds. Man siebt Leute durch einen Filter. Oder so. Oder lässt sich sieben."
"Ja. Irgendwie schade", sagt Lena gedankenversunken. "Passformen für Schablonenmenschen. So würde ich meine Doktorarbeit zu dem Thema nennen. Wenn ich eine schreiben würde."
Wir lachen und beginnen, über die Passformen zu sinnieren und sie aufzuzählen. Ich bin nicht sonderlich gut darin, aber Lena rattert die Grüppchen runter, als hätte sie die Doktorarbeit zu dem Thema längst geschrieben: "Gothics, Yuppies, Rocker, Hip-Hopper, Skater ..."
"Hippies, Rastas", sage ich hilfreich und werfe noch ein: "Militante Veganer."
"Oh. Mein. Gott." Lena bleibt stehen und guckt mich entsetzt an. "Stichwort militante Veganer. Das glaubst du nicht: Ich hatte mal n Date mit nem Kerl und wir hätten fast geknutscht. Da fragt er mich, ob ich Tiere esse. Ich so: "Gelegentlich schon ganz gern." Und er guckt mich ungefähr so an." Lena karikiert den Blick, und wir schmeißen uns weg.
"Und das war's dann für ihn, damit konnt er nich umgehen", rate ich drauflos.
Sie sieht mich abschätzig an. "Nee. Jetzt kommt erst der Hammer. Er meinte dann, dass wir trotzdem miteinander vögeln könnten, er könne mich eben nur nicht küssen, weil er Reste von totem Tier in meinem Mund vermutet."
"Oh", sag ich.
"Ja. Oh."
"Und ...?"
"Und was?" Lena hebt die Brauen.
"Und wie hast du reagiert?"
"Na, dann haben wir ohne Küssen gevögelt", sagt sie trocken.
"Ah. Aha", sag ich, etwas konsterniert.
"Ach quatsch!", lacht sie und gibt mir einen leichten Schubser. "Wär ja noch schöner!"
Ich schmunzle, und sie grinst mich an. "Vielleicht nicht der geeignetste Moment, um das zu erwähnen, aber: Ich bin fast beinahe Vollzeit-Vegetarier," sag ich und sende sofort eine verzweifelte Rückfrage an mein Hirn, warum genau es meinen Mund dazu veranlasst hat, diesen Satz jetzt abzulassen.
Ein musternder Blick von Lena. "Echt? Was heißt fast beinahe?"
Gut gemacht, Hirn. Gut gemacht, Mund. Super Zusammenarbeit. Einen noch unpassenderen Moment, das zu erwähnen, hättet ihr wohl nicht finden können.
"Na ja", sag ich, und versuche, nicht als kompletter Öko dazustehen. "Ich möcht im Grunde schon ganz gern fleischfrei leben ... aber die 100 % zu halten ist schon extrem nervtötend, so auf lange Sicht. Ich bin halt eher so ... ein vierundneunzig-Prozent Vegetarier."
"Ach so. Und ... küsst du Leute mit Aas im Mund?", fragt sie mit spöttisch gerümpfter Nase.
"Kommt auf die Leute an", sag ich. Beuge mich vor und küsse Lena auf den Mund. Ich bin selbst überrascht. Sie auch. Sie fängt an zu grinsen, woraufhin auch ich zu grinsen anfangen muss. Und wodurch gefühlvolles Küssen zur Unmöglichkeit wird. "Kopfkino", sagt sie und verdreht die Augen. "Ich ... hab heut Mittag Rindergulasch gehabt."
"Ja", sag ich und taste mit der Zunge über meine Lippen. "Weiß ich."
Wir prusten wieder drauflos.
"Sorry", sagt sie, als wir uns gefangen haben, und guckt mich ein wenig betroffen an. "Ich hab den Kuss ruiniert."
"Ach, eigentlich nicht", sag ich. "Der war ja noch gar nicht fertig." Ich mach einen Schritt auf Lena zu. Wir sehen einander an, blinzeln. Ich berühre mit der rechten Hand ihr Kinn. Ihre Haut fühlt sich unglaublich gut an. Ich fahre ihre Wange entlang, streiche durch ihr Haar und halte vorsichtig ihren Hinterkopf, während ich mich ihrem Gesicht nähere. Ihre Augen sind an meine geheftet. Ich nehme wieder die Sommersprossensprenkel um ihre Nase wahr. Ihren Geruch. Dann treffen sich unsere Lippen, ich schließe die Augen, und diesmal genieße ich es. Diesmal ist es keine spontane Idee. Diesmal fühle ich den sanften Druck, als sie den Kuss erwidert. Das leichte Beben ihrer Lippen, das seinen Ursprung in Aufgeregtheit haben könnte. Oder in Verlangen. Hoffentlich in beidem.
Dann löst sie sich von mir, und obwohl jede Faser meines Körpers danach schreit, sie weiter zu küssen, betrachte ich sie nur. Fasziniert. Neugierig. Ich glaube, dass sie etwas sagen will. Tut sie nicht. Sie hebt ihren Kopf, stellt sich auf die Zehenspitzen, küsst mich erneut.
Ich muss grinsen. Sie merkt es (natürlich merkt sie es!), und schon wieder endet der Kuss viel zu vorzeitig. Sie guckt mich an und beginnt zu lachen.
"Was'n?" Ich muss mitlachen, obwohl ich echt viel lieber küssen würde.
"Na ... da frag ich mich, warum es so schwer fällt, dich zu küssen, warum deine Lippen so schwer zugänglich sind ... und dann guckt mich da so ein Honigkuchenpferdgrinsen an von einem Ohr bis zum anderen. Is klar, dass das so nix wird."
"Ja. Kacke", sag ich. Immer noch grinsend. "Kann nix dagegen tun gerade. Das kommt von irgendwo da drinnen und schlägt als letztes auf meinem Gesicht auf. Ich würd's ja abstellen, wenn ich könnte. Ehrlich. Ich würd dich tausendmal lieber küssen, als ... aber ... geht eben grad nicht. Verdammt."
"Na dann komm", sagt sie, lächelt und zieht mich in Richtung der Tankstelle. "Wir wollten ja eh nicht ewig hier rumstehen, oder?"


Geschrieben

Mal ne Frage zur Formatierung: Ich schreibe gern mit Absätzen, wenn ... nun ja: Ein neuer Absatz beginnt. Eben wie bei Büchern üblich. Ist nur hier leider nicht möglich, jedenfalls hab ich noch nicht rausgefunden, wie man Absatz-Einrückungen machen könnte.

Wie liest es sich denn für euch leichter? Wenn ich, wie beim zweiten Part, komplette Leerzeilen zwischen den Absätzen mache, oder, so wie bei Part 3, alles in einen Guss quetsche?


Geschrieben

für mich ist part 2 von der formatierung angenehmer zu lesen


Geschrieben

Ich bekomme große Lust dich zu küssen :-) ( wird eh gleich gelöscht ,sowas darf Frau bestimmt nicht schreiben ....
Ist zumindest meine ehrliche Reaktion auf diese Geschichte und auf dein Foto ...:-)
Lieb
A


Geschrieben

Wow. Danke, Pamina. Ich würde jetzt einen errötenden Smiley hier einsetzen, weiß allerdings nicht, welche Zeichenfolge den bewirkt, deswegen schreib ich es aus:

Errötender Smiley!


Geschrieben

Es macht einfach Lust auf mehr von dir zu lesen! So wie du das küssen beschreibst kribbelt es total!!!!


Geschrieben

Danke. Hoffe, dass ich die intimeren Parts auch einigermaßen lesbar auf die Wortbühne kriege ...


Geschrieben

Ich bin überzeugt, dass die intimeren Parts von Dir in der gleichen fesselnden Weise vollbracht werden, wie die bisherigen Zeilen.
Und ich hatte Recht, den Damen gefällt es besonders.
Aber, ich wiederhole mich, nicht nur ihnen ...
Und lesbar sind für mich beide Schreibvarianten gleich gut.


Geschrieben

"Na dann komm", sagt sie, lächelt und zieht mich in Richtung der Tankstelle. "Wir wollten ja eh nicht ewig hier rumstehen, oder?"

"Das ist verhandelbar", sag ich. "Kommt drauf an, ob wir uns dabei küssen ..."

Lena versucht angestrengt, möglichst ernst zu gucken. "Das war 'ne Ausnahme. Ich küsse für gewöhnlich niemanden, den ich erst 'ne halbe Stunde kenne."

"Ah. Du stehst also voll hinter deinen Prinzipien. Find ich gut."

"Haha." Sie schnaubt verächtlich und behält den ernsten Blick bei, doch ihre Augen strafen sie Lügen. "So kommst du garantiert nicht an weitere Küsse." Sie zieht mich am Ärmel durch den Eingang des Tankstellenshops.

"Nicht?", frag ich, so charmant wie nur irgend möglich. Halte sie. Fest, noch fester. Ziehe sie sanft zu mir heran, ihren Körper an meinen, bis nur noch Garn, Zwirn (lächerliche Moleküle!) zwischen uns sind. Und darunter unsere nackte Haut. Sie atmet aus, ein, und mit jedem Atemzug hebt und senkt sich der feste Stoff ihres BHs an meiner Brust. Ich fahre mit der rechten Hand ihren Rücken hinauf, am Kleid entlang, zwischen ihren Schulterblättern nach oben, verharre in ihrem Nacken. Wir starren uns an. Atmen schwerer. Langsam kommen ihre Lippen auf meine zu, und in Erwartung des Kusses beuge ich mich-

"Nö", sagt Lena, grinst fies, befreit sich aus meinen Armen und peilt das Weinregal an.

Ich gucke ihr perplex nach. Widersprüchliche Gefühlswallungen rasen durch meinen Körper. Wahnsinnige Lust - und ungezähmte Neugierde. So gern ich dieses Mädchen von diesem Moment an einfach nur noch küssen würde ... so gespannt bin ich darauf, herauszubekommen, wie es in Lenas Kopf aussieht. Ich stelle mich neben sie und gucke auf die Etiketten der Flaschen. Rotwein ist ja irgendwie doch immer nur Rotwein, egal, was das Etikett verspricht. Gut, ein Weinkenner würde mir hier widersprechen, andererseits verköstigen sich Weinkenner ja auch nicht am Tankstellen-Sortiment.

"Hast du nen Favorit?" Lena wirkt unschlüssig.

"Wie wär's mit dem?", frage ich und nehme eine Flasche auf's Geratewohl.

"Ist der gut?"

"Is das wichtig?"

Sie überlegt kurz. Sieht mich an. Schüttelt den Kopf und nimmt dann eine weitere Flasche aus dem Regal, ohne überhaupt hinzugucken.

"Jetzt wissen wir gar nicht, ob der auch vegetarisch ist", sagt sie. "Viele Weine werden ja mit Gelatine gemacht."

"Lustiig", sag ich langgezogen.

Sie lacht trotzdem, und wir gehen an die Kasse, hinter der eine rundliche junge Frau mit bildhübschem Gesicht sitzt. Dass nicht nur mir das aufgefallen ist, merke ich, als mir Lena nach dem Zahlen in's Ohr flüstert: "Wow. Die ist echt hübsch, aber auch echt dick!"

Ich sage lieber nichts. Als wir draußen sind, fährt Lena fort: "Du fandst sie auch hübsch, oder?"

"Jap", sag ich. "Durchaus."

"Obwohl das Gesicht im krassen Widerspruch zu ihrem Körper steht."

"Jap", sag ich nochmal. Hinreichend knapp. Irgendwie fühlt sich das Gelände gefährlich an, und ich trete etwas vorsichtiger auf.

"Würdest du mit der ausgehen?"

"Mit der Tankstellenshopfachverkäuferinauszubildenden?", frage ich, um die Unterhaltung etwas mehr in Richtung Blödelei zu schwenken.

"Ja, mit der."

Mist, hat nicht funktioniert. "Weiß nich", sag ich.

"Warum nicht?", hakt Lena nach.

"Warum ist das denn nun wichtig?"

"Interessiert mich eben."

Ich spiele in Gedanken mögliche Antwortoptionen durch. Betrachte das Ergebnis. Entscheide mich für die Offensive. "Was würdest du denn machen, wenn du einen Mann kennenlernst, der oberhalb des Halses genau dein Typ ist, aber alles andere dich einfach nicht anspricht?"

"Einen sympathischen?"

"Von mir aus."

"Sag ich dir dann, wenn du geantwortet hast. Ich hab zuerst gefragt."

"Das is' doch kindisch", sag ich, in einem letzten verzweifelten Versuch, aus der Nummer raus zu kommen. Lena schweigt einfach. Raffiniert. Hätte mir auch mal einfallen können.

"Gut." Ich gebe mich geschlagen. "Dann tippen wir die Antwort jeder ins Handy und zeigen sie uns gleichzeitig."

"Das ist jetzt wirklich kindisch, aber OK." Sie holt ihr Handy raus, ich tu es ihr gleich, und wir beginnen zu schreiben.

"Die Wahrheit. Unbeschönigt", sag ich.

"Sonst ist es ja sinnlos. Fertig?"

"Ja", sag ich, und wir zeigen uns unsere Smartphone-Displays. Auf ihrem steht "wer das liest ist doof".

"Das ist jetzt echt mal Kindergartenniveau", sag ich, muss aber lachen.

"Nein, halt, ich spiele schon fair!", sagt Lena. "Ich hab ja deine Antwort gelesen."

Nachdem sie mir verraten hat, wie sie sich entscheiden würde, gucke ich sie eine Zeit lang an. "Mh." Selbst im blassen Straßenlaternenschimmer sieht sie verdammt noch mal hübsch aus. "Hätte ich nicht gedacht", sag ich.

"Tja." Sie zuckt die Achseln, und damit ist das Thema für sie gegessen.


Geschrieben

Sehr gut wieder geschrieben! Bekommen wir auch die Auflösung der Frage zu lesen????


Geschrieben

Danke, dass Du gefragt hast Missred39.
Habe mich nicht getraut ...
Ne Ahnung haben wir ja wohl alle - entweder hat er ehrlich geantwortet, oder auch was verklausuliertes, humoriges etc.
Ja, entweder - oder


Geschrieben

Bitte gerne! Ich habe auch erstmal drüber nachgedacht ob ich fragen soll...."fg"


Geschrieben

Danke für das Lob. :-D

Aber nein: Eine Auflösung der (ehrlichen) Antworten gibt es nicht. Ich hatte beim Schreiben die spontane Idee, dass es ja witzig wäre, wenn ich die weglasse und der Phantasie der Leser überlasse. Kleines Experiment am lebenden Versuchsobjekt sozusagen. ;-)


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