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Die schwule Sch*****


Empfohlener Beitrag

Geschrieben

Der Titel ist bewusst provokant gewählt und meine Gedanken sind mal wieder sehr gespalten:

Auf der einen Seite ist es so, dass ich mich aus dem „schwulen Leben“ vor langer Zeit schon verabschiedet habe.
Es war mir zu eng und muffig und – aufgemerkt – zu intolerant. Im Jahr 2008 möchte ich einfach nicht mehr „Ih, 'ne Frau!“ hören!
Mein Leben wäre fade und langweilig, wenn es nicht die vielen Frauen in meinem Leben gäbe, die es immer wieder bereichert haben und zu denen ich teils wirklich enge Freundschaften pflege. (Und das sind alles andere als typische „Fag Hags“!)
Oder man bekommt bei der Frage, ob wer Lust hat in einen „ganz normalen“ Club mitzukommen, höchst intolerant an den Kopf geknallt:
„Bist du bescheuert? Da sind doch nur Heten!“

Der CSD naht und mir wird bei dem Gedanken schon wieder schlecht, wenn ich das Hedonistengeschwader auf der Straße sehe, was sich zu einer angemeldeten Demonstration einfindet und diese zur Zurschaustellung von wirklich niederen Instinkten missbraucht.
Man kann mich ja gerne als konservativen Spießer betiteln, nur frage ich mich wie man allen Ernstes davon ausgehen kann, dass Fernsehbilder, die auf Paradewagen stehende und in die Zuschauermenge onanierende und pinkelnde oder gar sexuelle Handlungen in allen Variationen darbietende Männer zeigen, Respekt vor anderen Lebensentwürfen bewirken sollen.

Habe ich mich dafür über 20 Jahre lang beim Christopher-Street-Day für Gleichberechtigung und Respekt demonstrierend auf die Straße gestellt und mich teils schlimm bepöbeln lassen müssen?

Auf der anderen Seite nimmt die Homophobie in Deutschland immer mehr zu - vor allem unter Jugendlichen, die teils aufgestachelt durch Musik von Leuten wie Sido, Bushido und Konsorten, in deren „Songs“ offener Hass gepredigt wird oder aber auch durch mediale Nervensägen wie Oliver Pocher, der keine Möglichkeit auslässt, sich mit homophoben Witzchen profilieren zu wollen.
Nicht, dass das jetzt missverstanden wird: Ich habe durchaus Humor - wenn er allerdings andauernd und konsequent auf dem Rücken von Minderheiten ausgetragen wird, schwillt bestimmt nicht nur mir der Kamm.
Auf bundesdeutschen Schulhöfen ist das Wort „schwul“ mittlerweile wieder zur Nummer 1 unter den Beschimpfungen aufgestiegen und auch die Zahl homophob ausgerichteter Übergriffe nimmt weiter zu.

Wie ich schon schrieb: Der CSD naht und ich frage mich allen Ernstes, was ist wichtiger?
Meinen quasi „Artgenossen“ aufgrund der Tatsache, dass sie oben genannte Auswüchse dulden den Rücken zuzukehren und mich lieber den Tag genießend an den See zu legen, um weiter mein Leben zu leben und mir alles andere am Arsch vorbeigehend, da ich mich ja nicht diskriminiert fühle, vom Halse zu halten?
Oder soll ich getreu dem Motto „Währet den Anfängen“ darüber hinwegsehen und mich solidarisch mit allen anderen Teilnehmern gegen aufkommende Intoleranz und Homophobie protestierend erneut auf die Straße stellen?

Diese Fragen – und die erste ist ganz bewusst so egoistisch formuliert – stelle bestimmt nicht nur ich mir.

Ich weiß, man sollte meinen, dass man mit 43 Jahren eigentlich wissen sollte, was zu tun ist und was nicht.
Jedoch kann es bestimmt nicht schaden, sich die Meinungen anderer zu dem Thema durchzulesen.
Und als Thema an sich taugt es allemal.


Geschrieben

den anfängen zu wehren ist m.e. sehr sehr wichtig, und darum werde ich mich - trotz etlicher vorbehalte aus den von dir bereits genannten gründen und trotz meines 100%igen heten-daseins - auch in diesem jahr wieder am csd beteiligen. einfach um zu zeigen: auch wenn das "hedonistengeschwader sich wieder zur schau stellt", es geht nicht um sie (allein), es geht um respekt und menschenwürde und das recht auf eigene sexualität, es geht um das miteinander-leben, um verstehen und um toleranz. und auch darum, hin und wieder seine wortwahl zu überdenken, ohne daß man deswegen gleich in die gern so genannte betroffenheitsfraktion gewählt wird.


Geschrieben

Hmmm....eigentlich gibst du dir die Antwort auf Deine Fragen ja schon selber, wenn du den CSD verurteilst. Mach dir also einen schönen Tag weitab vom Trubel.

Ist nicht böse gemeint...aber ich hab das Gefühl, dass du Toleranz erwartest, diese aber nicht selber bietest. Jeder lebt doch seine Sexualität - wie diese auch immer geartet ist - anders aus: Die einen leben im Stillen und genießen, die anderen tragen ihre sexuelle Ausrichtung extrem zur Schau.

Nimm doch mal die Wahlen zur nächsten Bundestagswahl als Beispiel:
Du wählst die Partei XY, was nicht bedeuten muss, dass zu zu 100% mit deren Ideologien übereinstimmen musst. Natürlich kann es auch Programmpunkte geben, mit denen du nicht konform gehst. Genauso ist es bei deiner Sexualität: Auch wenn du schwul bist, musst du noch lange nicht alles, was von denen veranstaltet wird, akzeptieren.

Auch ein Guido Westerwelle bekennt sich zu seiner Homosexualität, sitzt aber deswegen noch lange nicht in der einst so typischen Lederkluft im Bundestag

Habe ich mich dafür über 20 Jahre lang beim Christopher-Street-Day für Gleichberechtigung und Respekt demonstrierend auf die Straße gestellt und mich teils schlimm bepöbeln lassen müssen?



Nimm doch mal als Vergleichsbespiel den Rassenkampf in den USA:
Jahrhunderte lang kämpften diese für ihre Rechte, ihre Anerkennung. Als 1964 die gesetzliche Gleichstellung von Schwarzen legitimiert wurde, bedeutete diese nicht, dass diese ab diesem Zeitpunkt nicht mehr Opfer von Diskriminierungen wurde. Die Diskriminierung findet noch heute in vielen Köpfen der einst vorherrschenden weißen Rasse statt.

Was ich damit sagen will....
Man kann kämpfen - sei es als ethnische oder als sexuelle Minderheit - man kann Teilerfolge erzielen; aber es ist m.E. aber fast unmöglich, den Kampf in den Köpfen der Menschen zu gewinnen.

Was deine eigene Geschichte angeht:
In Deutschland habt ihr schon viel Toleranz erzielt, nur eben an der Akzeptanz hapert es leider noch.


Geschrieben

Dein Titel ist für mich leider unverständlich .
Ich habe verschiedene Varianten durchprobiert aber leider nichts passendes gefunden.

Zur Demo:
Ich war bisher 3x in meinem Leben demonstrieren und fand es immer gräßlich.
Eine Wirkung meines Tuns konnte ich auch nicht feststellen.
Weder konnten wir den Flughafenbau verhindern, noch wurde das Bafög damal erhöht. Und auf der Frauentag-Demo hab ich als Schlusslicht mich irgendwann verängstigt verdrückt.
Ich finde es mutig und tapfer von allen, die auf die Strasse gehen, aber mach das selber nicht.

Ich für mich halte es für wichtiger, in den Köpfen der Menschen was zu bewirken.
Natürlich ist da meine Reichweite begrenzt.
Ich habe mit den Köpfen meiner zwei Kinder zu tun und genug Arbeit, das, was an Ausgrenzungen und Intoleranz in KiGa, Schule und Freundeskreis passiert, wieder gerade zu rücken.
Da ich selber das Glück hatte, eine tolerante Mutter zu haben und einen Vater, der seinen Kopf benutzen konnte, kann ich das an meine Kinder weitergeben.
Fremde "umzuorientieren" ist aus meiner Sicht nicht drin. Da kann man sich einen Ast abdiskutieren, ohne irgendwas zu bewirken. Nette kleine Rededuelle, mehr nicht.
Freunde denken ansatzweise ähnlich, sonst wären es keine Freunde geworden.
Was noch bleibt, ist am Arbeitsplatz und im Alltagsleben das leben, woran man glaubt und denjenigen immer wieder unmittelbar zu widersprechen, die über andere herziehen. Und klar zu stellen: da mach ich nicht mit, aber wenn jemand ein Problem hat, bin ich bereit mich damit zu beschäftigen.
Predigen alleine, ohne es zu vorzuleben, hat weder mich noch andere jemals zu einer Veränderung von Denken oder Handeln gebracht.
Der Trend, auf Minderheiten verbal einzuprügeln hat zugenommen, da hast du Recht. Zumindest in den Medien wird es immer salonfähiger und im Alltag wird der Ton rauher. Aber das kommt meiner Meinung nach auch daher, dass die soziale Unsicherheit immer größer wird. Und in solchen Zeiten ist es immer beliebt, einen Sündenbock zu suchen, um das eigene Gefühl von Angst (z.B. vor sozialem Abstieg) zu übertünchen. Lieber üer andere herziehen, als der eigenen Misere ins Auge blicken, so handeln leider zu viele.

Also mein Fazit: mach das, wo es dich am meisten hinzieht, da ist am meisten positive Energie drin. Und je mehr Menschen glücklich und zufrieden sind, desto toleranter und offener wird die Welt (persönliche Theorie der Alten ).

Wie war das doch gleich? Poppen für den Frieden?


Geschrieben

Hmmm....eigentlich gibst du dir die Antwort auf Deine Fragen ja schon selber, wenn du den CSD verurteilst. Mach dir also einen schönen Tag weitab vom Trubel.


Das ist mit Verlaub leider Unsinn, denn ich stelle ja nichts komplett in Frage.


Geschrieben

Natürlich sollte man immer für Gleichberechtigung und Toleranz kämpfen...gerade in der heutigen Zeit! Nur mit welchen Mitteln?

Ich war ein einziges Mal auf dem CSD...ehrlich gesagt, nie wieder! Ist zwar schön bunt und sogar unterhaltsam, aber für mich bedeutet Homosexualität dem Grunde nach etwas ganz Normales! Das Beispiel Guido Westerwelle ist da nicht schlecht, man findet seine Politik gut oder schlecht, aber das hat mit seiner sexuellen Ausrichtung nichts zu tun! Das Image aber von halbnackten, lederbekleideten, sich befummelnden Schwulen, das am CSD vehikuliert wird, finde ich eher abstoßend! Und bestimmt nicht geeignet die Meinungen derer zu ändern, die in Homosexualität etwas "sündiges, schmutziges" sehen!
So einen Umzug von Heterosexuellen gibt es ja auch nicht!


Darkshine-3671
Geschrieben

Da ich in einem schwulen Club arbeite, kenne ich die Szene auch.
Es gibt die unterschiedlichsten Leute: Unaufällige Durchschnittstypen, Lederschwule, Transen, schwule Skinheads, die verschiedensten Fetische, usw usw. Viele können untereinander nichts anfangen. Man hat sich nichts zu sagen, aber man geht in den selben Club und toleriert sich.
Und beim CSD ziehen eben alle am gleichen Strang, weil es um eine übergeordnete Sache geht. Das sehen die meisten als Pflichtveranstaltung.
Wer sich erstmal in der Szene bewegt, verliert das Interesse an "normalen" Heten -Clubs.
Wozu auch? Man muss sich nur wieder mit Vorurteilen rumschlagen und der Hedonismus ist in der Szene auch ausgeprägter.
Kann ich verstehen. Fetischbedingt bin ich auch öfter in schwulen Clubs als anderswo.


Geschrieben

...Habe ich ....

frage, du scheinst anders zu sein? was macht dich anders als die die du beschreibst? sind es drogen, die diese freizügikeit zulassen die du anfangs beschreibst? alles weitere sind in meinen augen nur entschuldigungen für etwas die aus dem ganzen entstehen was Du verurteilst.

du möchtest wohin und verlierst den anschluss, so kommt mir das vor was ich von dir lese.

entscheide doch für dich was dir wichtig ist und halte dich nicht an eine menge (gleich welcher richtung) die du nicht willst.


Geschrieben

So wie ich verstanden habe kritisierst du den CSD in seiner heutigen Form. Zurecht, denn das ist Meilen von dem entfernt, als das er begonnen hat. Dennoch ist es ein Ereigniss, der Bevölkerung in Erinnerung zu bringen, dass es zahlreiche Menschen gibt, die nicht die von der Kirche propagierten Lebensstile praktizieren (Mittlerweile haben sich ja auch SMler eingereiht, die ähnliche Schwierigkeiten mit der Akzeptanz und toleranz ihres Sexualstils haben). Und natürlich als ein Massenauflaufspektakel, so willkommen wie der Rosenmontagsumzug oder "public viewing".

Was du tun sollst kannst nur du für dich entscheiden. Deine Frustration ist aber ganz normal - ich denke, so gut wie jeder, der 20 Jahre für eine Sache gekämpft hat, gerät nach ungefähr dieser Zeit an den Punkt, an dem er sich fragt, ob das noch "seins" ist. Vielleicht ist die Antwort eine neue Generation, vielleicht solltest du nun einfach mal die machen lassen und dein Leben am See geniessen


Geschrieben

Ich glaube, ich muss mal was klarstellen:
Meine Toleranz endet lediglich da, wo sie meines erachtens zum Zwecke billigster Selbstdarstellung ausgenutzt wird.
Und das gilt selbstverständlich NICHT für den gesamten CSD, sondern für die geduldeten Auswüchse.
Wir kennen das doch alle: Schnell wird verallgemeinert und dann heißt es wieder „Da guck, so sind sie alle!“

Ich für meinen Teil will mich einfach nicht in der Form dar- und hingestellt sehen!


Geschrieben

und du antwortest nicht auf dinge, die dir offensichtlich zu nahe gehen!

ändere für dich und du wirst sehen, dass du dort nicht bist wo du nicht hin willst...


Geschrieben

Lass den Tag herankommen und entscheide spontan für Dich, was Dir angenehmer ist.

Wenn der Tag sonnig ist und Du gleichgesinnte findest, dann spricht nichts gegen einen schönen Tag am Strand mit Freunden. Reichlich Obst dabei und ein guter Tropfen macht es sicherlich zu einem Erlebnis.

Sollte Dich die Lust übermannen zum CSD zu gehen, kann es Dir passieren, dass Du ziemlich genervt sein wirst. Zumindest befürchte ich es, so wie Du hier klingst.

Das kann ja nicht das sein, was Du willst?

Was Deine berechtigten Vorwürfe betrifft, kann ich nur sagen, die Geschichte mit der Toleranz fordern(zu Recht) und Sie zu gewähren war noch nie so leicht.

Ich habe in meinem Bekanntenkreis auch jemand(Homosexuell), der die Fußball-EM derzeit verteufelt wie sonst nichts und den deutschen komplette Idiotie unterstellt, wenn man sich dafür begeistert andererseits aber Toleranz und Akzeptanz einfordert, wenn es um seine Sammlung Meißener Porzellans geht. Es ist halt "menschlich".


Geschrieben

Ich glaube, ich werde einfach hingehen und wenn's mir zu blöde wird, kann ich mich immer noch aus dem Staub machen.

Danke für die Beiträge.


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