Sollte man Freunden und Familie von einer offenen Beziehung erzählen? Und wenn ja, wie findet man eigentlich die richtigen Worte? Sexbloggerin Lotta Frei berichtet in ihrer neuen Poppen.de-Kolumne über die richtige Reaktion auf Nachfragen.

 

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Als mein Freund und ich uns zur einer offenen Beziehung entschlossen, hatten wir erstmal ganz andere Fragen im Kopf. Wie wird es sich anfühlen, wenn das erste Mal jemand von uns eine*n andere*n trifft? Können wir den Sex mit anderen überhaupt genießen, während der Partner zuhause wartet? Und wo können wir am besten Sex mit anderen haben? Die Zukunft war  sowieso schon voller Fragezeichen. An Eltern und Freunde dachten wir dabei ausnahmsweise erstmal als letztes. Aber irgendwann kommt jedes Paar in einer offenen Beziehung an diesen Punkt. Die ersten Bewährungsproben sind bestanden, die neue Lebensweise hat sich eingespielt. Und früher oder später stellt ihr euch die Frage: 

 

Wann erzähle ich Mama und Papa und dem Freundeskreis, dass wir jetzt auch mit anderen schlafen?

Ihr habt also die ersten Fallstricke gemeistert, euch ein funktionierendes Zeitmanagement zugelegt und euch als Paar in dieser neuen Situation eingefunden. Die offene Beziehung wird langsam zur Normalität. Jetzt spielst du mit dem Gedanken, deine offene Beziehung nach außen zu kommunizieren. Gegenüber Leuten, mit denen du das Bett zu teilen beabsichtigst: go for it, hier solltest du immer ehrlich über deinen Beziehungsstatus sein. Und zwar schon bevor du mit deinem Date zur Tat schreitest, nicht erst hinterher.  Wenn es jedoch um Familie und Freunde geht, sehe ich das anders. Und ich verrate dir auch, warum.

 

Der Impuls, dein Glück mit allen teilen zu wollen, ist ein schlechter Ratgeber

Wenn man sich auf Seiten wie dieser rumtreibt und sich viel mit dem Thema Sex beschäftigt, könnte man meinen, dass offene Beziehungen heute schon zum guten Ton gehören. Es ist aber nach wie vor eine gesellschaftliche Randerscheinung. Die Normalität sieht immer die Monogamie als Ideal vor. Wenn du Mama also erzählst, dass ihr jetzt eine offene Beziehung habt, wird sie in den seltensten Fällen applaudieren (Falls doch, gratuliere ich dir zu dieser coolen Mutter.) Die meisten Menschen haben alle möglichen Bilder und Szenarien zum Thema offene Beziehung im Kopf. Ob die real sind oder mit dir zu tun haben, ist erstmal egal. Wenn dieser Mensch dich gern hat, wird er sich wahrscheinlich um dich und deine Beziehung sorgen. Vielleicht wirst du dir anhören müssen, warum das alles nicht funktionieren kann. Im schlimmsten Fall könnte dieser Mensch auch den Sex-Kontakt abbrechen, weil ihn das Thema überfordert.  Deshalb mein dringender Rat: Auch wenn du dich euphorisch fühlst über all das neue, das du gerade erlebst, und dein Glück am liebsten mit der ganzen Welt teilen willst - überleg dir gut, ob du wirklich mit den möglichen Konsequenzen leben willst. Zumindest zu diesem Zeitpunkt. Denn etwas anderes ist es, wenn diese Menschen selbst bei dir nachfragen.

 

Die richtige Reaktion auf Nachfragen

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass ich öfter auf das Thema Beziehung angesprochen wurde, als die sexuelle Öffnung uns Aufwind gab und uns auch als Paar wieder näher brachte. Wenn jemand dich nach deiner Beziehung fragt, liegt die Entscheidung bei dir, ob du mit diesem Menschen überhaupt über deine offene Beziehung reden willst. Manche geht das schlicht nichts an oder du ahnst schon, dass sie dich sowieso nicht verstehen werden. Aber auch, wenn derjenige positiv neugierig ist, solltest du nicht allzu viele Details von dir aus erzählen. Wie oft ihr mit anderen Sex habt oder die genauen Gründe, warum ihr euch zur Öffnung entschlossen habt, steht nicht zur Diskussion. Du könntest stattdessen einfach sagen, dass Monogamie für euch nicht funktioniert hat und ihr deshalb etwas anderes ausprobieren wollt. Mach ruhig deutlich, dass auch du den Ausgang dieses Experiments nicht kennst. Dass es dir das Risiko aber wert ist. 

 

Wie du Unverständnis oder Kritik den Wind aus den Segeln nehmen kannst

Reagiert der andere mit Unverständnis (‚Ich könnte das ja nicht‘), könntest deine Antwort einfach lauten ‚Ja, es ist nicht immer leicht.‘. Das nimmt ihm den Wind aus den Segeln und schützt dich davor, in eine Verteidigungshaltung gedrängt zu werden, die sich immer schlecht anfühlt. Eine häufige Reaktion ist auch das Argument der Bindungsangst (‚Wer Sex mit anderen sucht, kann sich nicht auf richtige Liebe einlassen‘). Versuche auch hier, dich nicht zu verteidigen. Antworte stattdessen zum Beispiel ‚Weil ich meinen Partner liebe, möchte ich ihm Raum für neue Erfahrungen geben‘.  Ganz egal, wie die Reaktion deines Gesprächspartners ausfällt - versuche auf keinen Fall ihn davon zu überzeugen, dass die offene Beziehung das einzig richtige Beziehungsmodell ist. Was für dich gerade gut funktioniert, muss nicht für jeden die passende Lösung sein. Aber wenn eure Beziehung wächst und sich bewährt, könnt ihr Vorbild sein für andere. Und habt irgendwann eine Antwort auf die Frage, was eigentlich das Geheimnis eurer glücklichen Beziehung ist.

 

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Lotta Frei (geb. 1979) ist Bloggerin, Buchautorin der Swinger-Bibel und lebt in einer offenen Beziehung. Für Poppen.de berichtet sie in ihrer Kolumne "Lottaleben" über ihre sexuellen Erfahrungen.

 

:eyes: Lottaleben - Die Sexkolumne:

 

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