Sexbloggerin Lotta Frei lebt mit ihrem Freund in einer offenen Beziehung. In ihrer neuen Poppen.de-Kolumne "Lottaleben" verrät sie, worauf es beim Öffnen einer Beziehung wirklich ankommt.

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Von einem Polizisten mit Gummiknüppel verhaftet werden. Wilde Orgien mit stark behaarten Frauen. Irgendwas mit einem Einhorn. Oder einfach mal in allen möglichen Stellungen ausschlafen. Eure vielen Antworten auf meine Frage nach euren Sex-Fantasien waren unerwartet vielseitig, manchmal anständig versaut und oft einfach rührend normal. Fast jeder von uns hat sexuelle Fantasien. Aber nicht immer gelingt es, sie innerhalb einer Beziehung auszusprechen und auszuleben. Dann kann eine offene Beziehung die Lösung sein. Klingt für den, der sie sich wünscht, easy - sie wirklich gemeinsam wahr werden zu lassen kann ein langer Weg werden.

 

Hey Schatz, lass uns mal ne offene Beziehung machen

Als mein Freund und ich unsere Beziehung öffneten, wachten wir nicht morgens auf und sagten: Okay, lass uns mal ne ‚Offene Beziehung‘ machen. Es war mehr ein Prozess von innen heraus, der sich über Jahre hinzog. Wir waren beide unzufrieden mit unserem Sexleben. Mehrere interne Lösungsversuche brachten zwar kurzzeitig den berühmten frischen Wind in die Beziehung, aber langfristig blieb doch alles beim Alten. Bondage Workshop? War saukomisch, sehr lehrreich (nie einen Knoten auf dem Puls machen!), die 20 Meter Baumwollseile kamen danach auch ein paarmal zum Einsatz, aber am Schluss doch in den Karton ganz hinten im Kleiderschrank. Dominant-devoter Rollentausch? Mein Freund war im 7. Himmel, ich fühlte mich im Domina-Dress und auf High Heels wie eine schlechte Schauspielerin. Ein Versuch, Slow Sex zu praktizieren, endete in Kichern und Rumgealber und am Ende mit der Chipstüte vorm Fernseher.

 

Trial and Error

Irgendwann akzeptierten wir: es klappt einfach nicht hundertprozentig mit uns. Aber vielleicht mit anderen? Er sehnte sich nach BDSM-Spielen, ich mich nach Sex mit mehreren Männern. Während der ganzen Zeit wäre ich nie auf die Idee gekommen, das mit jemand anderem als meinem Freund zu tun. Aber nach mehreren Jahren ‚trial and error‘ gaben wir uns schließlich die Erlaubnis, außerhalb der Beziehung neue Erfahrungen zu machen. Und plötzlich waren wir mittendrin: in der offenen Beziehung.

 

Wie definierst du eigentlich eine offene Beziehung?

Du hast Lust auf Ungezogenes, möchtest Sex an aufregenden Orten haben, du willst was Neues erleben oder einfach mal wieder einen fremden Körper fühlen? Um das innerhalb einer bestehenden Beziehung umzusetzen gibt es viele Wege. Angefangen beim Dreier über den gemeinsamen Swingerclub Besuch bis hin zum Modell „don’t ask, don’t tell“, in dem jeder Partner einen Freifahrtschein hat - solange er zum Schlafen nach Hause kommt. Der Vorschlag ‚Hey Schatz, lass uns mal ne offene Beziehung probieren‘ kann deshalb eine riesige Bandbreite an Bildern, Ängsten und Emotionen in deinem Partner wecken. Oder weißt du so genau, wie dein Partner offene Beziehung definiert? Im schlimmsten Fall völlig anders als du selbst. Du hättest nur mal Lust auf fremd-knutschen - dein Partner sieht dich schon durch sämtliche Betten der Stadt vögeln. Und eh du dich versiehst ist das geistige Garagentor runtergerasselt und du stehst einer Wand aus Vorurteilen und Ablehnung gegenüber.

 

Das Sender-Empfänger-Modell

Kurzer Ausflug in die Kommunikationswissenschaft: das Sender-Empfänger-Modell gilt nicht nur im Marketing oder Coaching, sondern auch in Beziehungen. Kommunikation hat immer zwei Seiten. Was du sagst und was bei deinem Partner ankommt, muss noch lange nicht identisch sein. Umgekehrt muss das, was du verstehst, nicht zwangsläufig vom anderen so gedacht sein. Wenn du also von offener Beziehung sprichst, können ganz unterschiedliche Formen, Ausprägungen und Lebensweisendamit gemeint sein. Die Gefahr ist entsprechend groß, von vornherein aneinander vorbeizureden und schlimmstenfalls im Streit zu enden.

 

5 Tipps, um dem Partner eine offene Beziehung vorzuschlagen

Du möchtest es mit einer offenen Beziehung probieren? Damit du bei deinem Partner auf Gehör stößt, werde zum Experten für Kommunikation in deiner Beziehung - mit diesen 5 hilfreichen Tipps:

 

1. Wer Vertrauen erwartet, muss auch Vertrauen zeigen

Öffne dich und erkläre deinem Partner, was du vermisst. Seid ihr beide zum Beispiel schon früh zusammengekommen und du hattest wenig Gelegenheit im Leben, dich auszuprobieren? Was ist es, wonach du dich sehnst? Das Abenteuer, mehr Aufmerksamkeit, andere sexuelle Spielarten, längeren Sex? Vermeide die Worte ‚immer‘ und ‚nie‘ (z.B. Nie nimmst du dir Zeit). Das bringt uns auch schon zum zweiten Tipp:

 

2. Vermeide Schuldzuweisungen

Mach deutlich, dass es kein Fehler von ihm oder ihr ist, auch wenn du ganz fest dieser Meinung bist. Jetzt geht es nicht ums Recht haben, sondern darum, gemeinsam etwas zu verändern. Halte dein Ego im Zaum und bleib sachlich. Solltest du kurz vorm Platzen sein, kann es besser sein, das Gespräch hier zu beenden und ein anderes Mal daran anzuknüpfen. Damit eine offene Beziehung funktionieren kann, müsst ihr sie zu eurem Projekt machen und an einem Strang ziehen.

 

3. Backe kleine Brötchen

Was könnte das Minimum an Veränderung sein, mit dem sich für dich etwas zum Positiven wendet? Überlege dir das am Besten schon vor dem Gespräch. Womöglich hast du dich lange mit diesem Gedanken getragen, die Sätze immer wieder durchgekaut und dabei einen Entwicklungsvorsprung bekommen. Je mehr du deinen Partner mit dem Thema überraschst, desto mehr Zeit solltest du ihm geben. Geh auf deinen Partner zu, wenn er selber noch nicht in der Lage ist, große Schritte zu machen.

 

4. Mach deutlich, dass dir seine Meinung wichtig ist

Frag ihn, wie er das Ganze sieht. Vielleicht kann er deine Gefühle nachempfinden oder hat selbst Punkte in der Beziehung, mit denen er nicht zufrieden ist? Das Feedback musst du jetzt aushalten. Rechtfertige dich nicht gleich, auch wenn es schwer fällt. Sondern hör dir an, was er zu sagen hat und zeige ihm: ich sehe dich, ich höre dich, deine Gefühle sind relevant!

 

5. Sei geduldig

Erwarte keine sofortige Entscheidung. Beharre nicht auf einer unmittelbaren Antwort. Gib deinem Partner stattdessen Zeit, alles zu überdenken und sich mit der veränderten Situation anzufreunden. Vielleicht eine Nacht drüber zu schlafen. Tiefgreifende Veränderungen passieren selten von heute auf morgen. Mach keinen Druck, sondern gib ihm die Möglichkeit, selbst aktiv zu werden und mit einem eigenen Vorschlag auf dich zuzukommen. Frag zum Beispiel, welche Regeln oder Rahmenbedingungen ihm in einer offenen Beziehung wichtig wären. Damit holst du ihn ins Boot und zeigst: wir machen das gemeinsam, wir gehören zusammen!

 

Und wer weiß, vielleicht rennst du sogar offene (Garagen-)Türen ein?

Ich bin neugierig. Könnt ihr in eurer Beziehung über sexuelle Wünsche sprechen? Lebt ihr sie gemeinsam oder getrennt? Ist die Beziehung euer gemeinsames Projekt und wenn nicht, was würdet ihr euch stattdessen wünschen? In eurer Beziehung könnt ihr selbst aussuchen, wie ihr leben und lieben wollt. Bleibt monogam, öffnet euch für andere oder lebt in einem Polygeflecht aus mehreren Paaren. Egal welchen Weg ihr geht, ich bin sicher: solange er euch beiden gut tut, ist es der richtige!

 

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Lotta Frei (geb. 1979) ist Bloggerin, Buchautorin der Swingerclub-Bibel und lebt in einer offenen Beziehung. Für Poppen.de berichtet sie in ihrer Kolumne "Lottaleben" über ihre sexuellen Fantasien.

 

:eyes: Lottaleben - Die Sexkolumne:

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