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Wenn mir langweilig ist, dann habe ich Sex. In der schwulen Welt ist das nichts Ungewöhnliches. Vielen meiner Freunde geht es ähnlich. Einen Fick auszumachen ist ohnehin nicht (mehr) besonders schwierig: Handy raus, App an oder kurz auf einer Dating-Seite wie Poppen.de stöbern, ein paar Leute anschreiben, die nötigsten Informationen (aktiv, passiv, dies, das) austauschen, Fotos mitschicken – zack, fertig: Sexdate. Für schwules Dating ganz easy, aber was können Heteros davon lernen?

 

1. Tür auf, Hose runter und los! Macht euch locker, liebe Heteros:

Langwierige und verkrampfte Gespräche, ein erstes Kennenlernen in einer Bar? Viel zu umständlich! Warum so viel Zeit verschwenden, wenn es auch einfacher geht? Er will Sex, sie will Sex, wo also ist das Problem? Anstatt Euch gegenseitig Interesse für die andere Person vorzuheucheln, könnt ihr auch direkt miteinander ins Bett. Ohne langes Blabla und vorgetäuschte Gefühle. Alles ganz unkompliziert. Alles ganz easy. Und den Frauen sei gesagt: Lasst euch nicht einreden, dass einmaliger Sex nichts für Euch ist. Von niemandem! Experimentiert! Probiert Euch aus! Lernt, was Ihr mögt und was nicht. Macht Euch frei von gesellschaftlichen Zwängen und Erwartungen! Sex braucht keine Gefühle, einzig es reicht, wenn Ihr Lust dazu habt.

 

 

 

2. Slutshaming: Euer Ernst?

Ein ausschweifendes Sexleben ist in der Homo-Welt vollkommen okay. In der Hetero-Welt gilt das jedoch nicht uneingeschränkt: Während Männer, die viel Sex haben, Frauenhelden sind, werden Frauen, die sich ähnlich sexuell ausleben wollen, als Schlampen („sluts") bezeichnet.

„Slutshaming“ ist in unserer Gesellschaft überall spürbar. Eine prominente US-Amerikanerin kann ein Lied davon singen: Plötzlich gingen Fotos von ihr um die Welt. Sie hatte es (vor über 20 Jahren) gewagt, sehr freizügig vor einer Kamera zu posieren. Der Aufschrei in sozialen Netzwerken war groß: Unglaublich! Unerhört! Welch eine Schande! Haha, Amerika.

Und erst vor kurzem erzählte mir eine Freundin, wie geschockt ihr letzter Freund reagierte, als dieser erfuhr, dass sie in ihrem Leben mit bereits mehr als zwanzig Männern geschlafen hatte. (Randnotiz: Er selbst hatte bisher mit über fünfzig verschiedenen Frauen Sex.) Die Frage, ob und wie viel Sex Du haben darfst, hängt ganz offensichtlich damit zusammen, ob Du einen Schwanz hast oder nicht: Männer dürfen Sex haben, Frauen nicht. So einfach ist das! Eine Frau muss enthaltsam sein. Eine Frau muss sich rar machen. Sie darf ihre Lust nicht offen zeigen. Welcome back to the 50’s! Welcome back to the good old times. Aber: Wait! Sollten wir in Sachen Gleichberechtigung nicht schon längst weiter sein?

 

3. Partnerschaft & Liebe: Erfindet die Liebe neu, verdammt!

Machen wir uns nichts vor: In ihrer traditionellen Form hat die Liebe keine Zukunft mehr. Es ist dringend an der Zeit, sie neu zu erfinden! Werfen wir also einen Blick in die experimentierfreudige, schillernde Homo-Welt, die uns zeigt, wie es anders gehen kann: Freunde von mir leben seit einigen Monaten in einer Dreierbeziehung. Anfangs habe auch ich nicht verstanden, wie das gehen soll (Wer hat wann mit wem Sex? Gibt es da einen Wochenplan? Oder immer nur Sex zu dritt?). Aber es klappt wohl ganz gut. Sie sind glücklich – nur das ist, was am Ende zählt. Und wo bitte ist festgelegt, dass Liebe nur zwischen zwei Menschen existieren kann? Eben, nirgends.

👀 Lesetipp: Von Monogami bis Promiskuität - die häufigsten Kontaktmodelle

Andere Bekannte wiederum führen seit Jahren eine offene Beziehung. Sie gestehen sich gegenseitig Freiheiten und sexuelle Abenteuer zu. Sie haben Sex miteinander, aber eben auch mit anderen Partnern. Eifersucht spielt in ihrem Leben schon lange keine Rolle mehr. Damit ich nicht falsch verstanden werde: Ich spreche mich nicht grundsätzlich gegen monogame Zweierbeziehungen aus. Aber: Wir sollten uns stets bewusst machen, dass es noch andere, ebenso gleichwertige Möglichkeiten des Zusammenseins gibt. Monogamie ist nicht alles, Leute!

 

4. Gay-Parties: Hetero-Männer traut euch mal!

Lieber Hetero-Mann: Warst du schon einmal auf einer Gay-Party? Nein? Warum nicht? Keine Sorge, ich kann dich beruhigen: kein Homo wird dort über dich herfallen (es sei denn du siehst aus wie Nick Jonas, dann garantiere ich für nichts). Und selbst wenn du von anderen Männern angemacht werden solltest, ist das doch kein Problem: nimm es einfach als Kompliment!

👀 Lesetipp von unserer Partnerseite Gay.de über Heteros, die schwulen Sex ausprobieren wollen

Eine Gay-Party ist letztlich wie jede andere Party auch – nur lockerer und ohne Diskriminierung: Tanzen neben Drag-Queens? Sex im Darkroom? Alles kein Problem. Und btw: Viele Schwule werden von ihren besten Freundinnen (die in der Regel hetero sind) auf die Party begleitet. Als weltoffener, toleranter Typ wirst Du bei den Mädels sicher ordentlich punkten können – nur mal so als Tipp!

 

5. Trends & Mode: Werdet kreativ!

Postfaktisches Zeitalter hin oder her – diese Zahl ist beeindruckend: 85 Prozent aller Modeschöpfer sind homosexuell. Ihr könnt noch so hetero sein. Eure Kleidung ist es schon lange nicht mehr. Denn ganz egal ob Skinny Jeans, V-Ausschnitt oder Sommerschals – fast alle Mode-Trends wurden von Schwulen entworfen. Ohne uns würde die Fashionindustrie gar nicht mehr funktionieren. 

 

Ihr fragt Euch, warum gerade schwule Männer so kreativ und trendbewusst sind? Der Grund liegt auf der Hand: Wer sich (aufgrund seiner sexuellen Orientierung) von der Masse abhebt, ist es nunmal gewohnt, sich offen und ungezwungen mit Neuem und bisher Unbekannten auseinanderzusetzen. Und: In einer Welt, in der Homosexualität lange Zeit tabuisiert wurde, erforderte es von jedem Einzelnen jede Menge Kreativität, um zurechtzukommen. Die Mode ist da nur ein Beispiel von vielen. Überall hinterließen Homos ihre Spuren: Musik, Schauspiel, Literatur, neue Medien – die Liste ließe endlos fortsetzen. Ihr wollt wissen, was morgen in ist? Werft einen Blick in die schwule Welt!

 

6. Lasst Euch nicht unterkriegen!

Wir leben im 21. Jahrhundert, wir leben in einer vermeintlich freien und toleranten Gesellschaft – aber Du kannst jeden Homosexuellen in Deinem Bekanntenkreis fragen: Alle (!) werden Dir persönliche Erfahrungen von Ausgrenzung und Alltagsdiskriminierung erzählen können. Seien es die dummen Sprüche von pubertierenden Heranwachsenden auf dem Pausenhof, die nervigen Fragen („Naaa, hast Du ein Mädchen kennengelernt??!“) von den nervigen Verwandten auf noch nervigeren Familienfesten oder das jahrelange Schweigen, Verstecken und Verdrängen – all das ist für Schwule und Lesben heutzutage (immer noch) Realität. Und trotzdem: Wir lassen uns nicht unterkriegen. Wir lassen uns nicht vorschreiben, wie wir zu leben und wen wir zu lieben haben. Lasst Ihr Euch auch nicht unterkriegen! Es ist Euer (einziges) Leben! Warum also Rücksicht nehmen auf das, was andere sagen oder denken?

Es gibt überhaupt keinen Grund, klein beizugeben. Wir Homos sind erfolgreich, so wie wir sind. Sehr sogar. Selbst Studien bestätigen das: Homosexuelle haben mehr und besseren Sex, sie haben im Schnitt höhere Gehälter als Heteros und können sich mehr leisten. Es muss nicht immer von Nachteil sein, den gesellschaftlichen Erwartungen nicht zu entsprechen.

Und vielleicht ist das, was Heteros von Homos schlussendlich lernen können, vor allem dies: Im Leben das zu tun, was man tun möchte und eben nicht das tun zu müssen, was von einem erwartet wird.

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In der Kolumne "JUNG & WILD" berichten unsere Autoren von alltäglichen erotischen Erlebnissen. Diesmal an der Reihe ist unser Kollege Erik, der, wenn er mal nicht gerade in der queeren Clubszene Berlins unterwegs ist, sich entweder in der Uni oder im Späti nebenan herumtreibt.

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