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Verzeihen aber nicht vergessen


Sc****

Empfohlener Beitrag

Geschrieben

Erinnerungen lassen sich nicht löschen und Maulkörbe lösen keine zwischenmenschlichen Spannungen.



manchmal kannst du etwas mit wenigen worten so auf den punkt bringen, dafür könnte ich dich knutschen


Geschrieben

Danke@montago!

Wenn etwas verziehen wurde, ist m.E. das Thema geklärt und beendet. Dann muss man es auch nicht wieder hervorkramen.

Ich würde nie jemandem einen Maulkorb (also Redeverbot) erteilen. Aber wenn mir jemand etwas wirklich verziehen hat, erwarte ich auch, daß diese spezielle Sache mir nicht mehr vorgeworfen wird. Das würde ich auch nicht anders handhaben.


Geschrieben

Sorry - aber das ist hanebüchen: als Menschen verfügen wir über ein Gedächtnis. Und das erfüllt - auch in zwischenmenschlichen Beziehungen - eine sinnvolle Funktion.

Ich kann verzeihen, wenn mich jemand z.B. belügt. Kommt dies jedoch immer wieder vor, dann hilft mir meine Erinnerung, mir dadurch ein Bild über den Charakter dieses Menschen zu bilden, das sicherlich anders ausfällt als nach einem einzigen solchen Vorfall.
Wenn ich dann aus der Kombination eines aktuellen neuerlichen Vorfalls und der Erinnerungen an vorhergehend - jeder für sich genommen vielleicht verzeihliche Fälle - die Schlußfolgerung ziehe, mein Verhältnis zu diesem Menschen zu ändern, was ist das dann?

Eine sinnvolle Schlußfolgerung unter Einbeziehung der alten Erfahrungen oder bin ich dann selbst ein verlogener Mensch, weil ich dem andern vorgegaukelt habe, ich hätte ihm verziehen und habe es dann doch nicht getan.

Ich schließe nicht aus, dass manche Menschen solche Vorhaltungen als Mittel einsetzen, um den andern zu manipulieren - aber dann ist die Manipulation das Problem und nicht das fehlende Verzeihen.


Geschrieben

Ich finde, Ballou hat es sehr schön erklärt.

Verzeihen ist nicht gleichzusetzen mit einem Ablassbrief.

Als Mensch beurteile ich einen Menschen, der mich tief enttäuscht hat, anders als vor diesem Vorfall.

Und auch wenn ich die eine Sache verziehen habe, bleibt die Erfahrung, aufgrund derer ich in einer anderen oder ähnlichen Situation eben entsprechend reagiere.

Und falls mein Gegenüber der Ansicht ist, einen Ablassbrief mit meinem Verzeihen erworben zu haben, so muss ich diesem unmissverständlich klar machen und ihn auch daran erinnern, wie sich die Beurteilung der neuen Situation zusammensetzt.
Und das sind eben die gemachten (schlechten) Erfahrungen aus der Vergangenheit.

Niemand rennt gern sehenderweise ins offene Messer, nur weil das Gedächtnis gelöscht zu sein hat.

Das funktioniert sowieso nur bei sehr kleinen Kindern...und das ist auch gut so.


Geschrieben

@Freya und diverse Andere:

Das Vorgaukeln von Verzeihen ist ein Sache.
Etwas verzeihen, wenn man wirklich verzeihen möchte oder vielmehr gerade nicht kann, ist eine andere Sache. Wir diskutieren dies hier sehr theoretisch. In der Praxis ist es nach meiner Wahrnehmung so, dass die betreffenden Personen sich gar keine ernsthaften Gedanken darum macht Sie handeln nach meiner Beobachtung eher nach dem Motto "Der Zweck heiligt die Mittel".


Geschrieben

@Montago Du setzt den Missbrauch als die Regel.

1. unterstellst Du ein Vortäuschen: wozu soll das gut sein? Wieso soll ich jemandem vorgeblich verzeihen, wenn ich es in Wirklichkeit nicht tue?

2. Du ignorierst einfach und wiederholt die Rolle des Gedächtnisses

3. Du versuchst höchst komplexe und von Emotionen getragene Verhaltensreaktionen in einen simplen Kodex zu pressen.

4. Ich wiederhole nochmals: wenn "verziehene" Taten beliebig als Vorwurf herangezogen werden, dann ist das eigentliche Problem, dass jemand manipulativ mit Schuldgefühlen arbeiten will. Erfahrungsgemäß wird es da aber um mehr gehen als um "Verzeihen oder nicht verzeihen"


Frage: Was bringt es Dir, wenn Du dem andern sagen kannst "Du hast ja gar nicht wirklich verziehen!" Du kannst Dich damit auf ein kleines Podest stellen und als der bessere Mensch fühlen bzw. genau dies dem andern als Stärke seiner vermeintlichen Schwäche entgegengehalten. Was ist damit gewonnen ausser einer kleinen Ego-Bestätigung? Als Charakterisierung ist es einfach kontroproduktiv, da nicht konfliktlösend, sondern konfliktanheizend.

Schnäpschen: Ich würde nie jemandem einen Maulkorb (also Redeverbot) erteilen. Aber wenn mir jemand etwas wirklich verziehen hat, erwarte ich auch, daß diese spezielle Sache mir nicht mehr vorgeworfen wird.


Du widersprichst mit dem zweiten, dem ersten Satz!

Es ist doch letztlich eine Frage, ob der Vorwurf einfach zum Zweck der Manipulation neu erhoben wird - ohne Zusammenhang zur neuen Situation oder ob es um eine Wiederholung geht.
Auch unser Strafrecht kennt einerseits das Prinzip, dass eine Strafe nach Ableistung abgegolten gilt, dass aber natürlich Wiederholungstaten oder ein Vorstrafenregister bei der Bewertung eines erneuten Vergehens in die Bewertung einfließen.


Geschrieben

@Ballou

Hmm - nein, natürlich sehe ich nicht das Verzeihen generell als Vortäuschen. Das Vortäuschen muss auch gar nicht mal bewusst sein. Es wird nur allzu schnell ausgesprochen, um eine Harmonie wiederherzustellen. Im Inneren ist es aber nicht wirklich verziehen. Und da ignoriere ich eben nicht das Gedächtnis, sondern betrachte es als ganz besonders wichtig. Wie ich schon mal eingangs schrieb, bleibt die "Tat" ja registriert im Gedächtnis. Nur, wenn man aus innerster Überzeugung wirklich verzeiht, kann diese Verzeihung auch Wirkung entfalten.

Frage: Was bringt es Dir, wenn Du dem andern sagen kannst "Du hast ja gar nicht wirklich verziehen!" Du kannst Dich damit auf ein kleines Podest stellen und als der bessere Mensch fühlen bzw. genau dies dem andern als Stärke seiner vermeintlichen Schwäche entgegengehalten. Was ist damit gewonnen ausser einer kleinen Ego-Bestätigung? Als Charakterisierung ist es einfach kontroproduktiv, da nicht konfliktlösend, sondern konfliktanheizend.

Als der bessere Mensch fühlen? Auf ein Podest stellen? Ego-Bestätigung? Das sind doch alles Dinge, die beim Verzeihen doch gar keine Rolle spielen. Dies hätte allenfalls Relevanz, wenn Verzeihen vorgetäuscht wird.

Ich versuche auch nicht, Reaktionen in einen simplen Kodex zu pressen. Ich versuche, es zu betrachten. Wir alle haben im Leben solche Situationen doch schon viele Male durchlebt. Und auch, was @Schnaepschen berichtet, habe ich schon erlebt, und Du vielleicht auch. Ich bin davon geleitet, wenn ich verzeihe, tue ich es auch. In meinem Gedächtnis bleibt das Geschehene verankert, als Erinnerung. Ich hake es aber gegenwärtig ab und blende es aus, solange ich aufgrund neuer Eindrücke nicht daran erinnert werde.

Wenn man sich streitet, kommen alle negativen Eindrücke wieder aus der Erinnerung zum Vorschein. Wenn ich aber wirklich verziehen habe, belasse ich das mir erneut bewusst gewordene negative Erlebnis in meiner Erinnerung und konzentriere mich auf die gegenwärtige Sachlage. Es in einem anderen Zusammenhang im Streit wieder hervorzuholen, bedeutet für mich entweder, es wurde nicht wirklich verziehen, oder eben man setzt es als Waffe ein. Dies kann unbewusst oder sehr bewusst geschehen. Wenn man streitet, sagt man Vieles ganz spontan. Die Ratio kann im Affekt nicht so schnell verarbeiten. Man versucht, seine Position zu halten oder zu stärken. Da bedient man sich schnell der Dinge aus dem Gedächtnis, ohne sie selektiv der vorangegangenen Bewertung zu ordnen. Das ist menschlich. Wir sind nun mal keine Computer, die logisch auf Bits und Bytes aufgebaut sind. Mein Selbstanspruch aber ist, mein Denken und Handeln optimal zu steuern und meine menschlichen Schwächen zu erkennnen, daran zu arbeiten und sie wenn möglich zu korrigieren. Ich bin bestrebt, meine Gedanken kontrollieren zu können. So mache ich mir bewusst, ob ich wirklich verzeihe. Tue ich es, ist das Thema auch wirklich abgehakt, es sei denn, es kehrt aufgrund einer erneut gleichen Tat zurück.


Geschrieben

Hat man das Recht, jemandem etwas erneut vorzuwerfen, obwohl man verziehen hat? Oder hat man dann nicht wirklich verziehen?



Moin, Schnappes!

Kann es vielleicht auch sein, dass Deinem Gesprächspartner in der aktuellen Auseinandersetzung die Argumente fehlen?
Und dann werden eben die alten, längst abgehakten Sachen wieder aus der Versenkung geholt.

Schau Dir doch hier viele Diskussionen an, wenn da sachlich nichts mehr zu machen ist, wird auf der Rechtschreibung des "Gegners" rumgehackt.
Vielleicht ist das bei Deinem Problem ähnlich?

Kannst Du vielleicht erkennen, welchen Zweck Dein Gegenüber damit erreichen will? Denn dann erklärt es sich doch fast von selbst, warum Du immer wieder mit alten Fehlern konfrontierst wirst.
Will man Dich zu bestimmten Dingen überreden, weil Du ja schon früher mal.....
Oder will man Dich damit in die Defensive drängen?
Da gibt es bestimmt noch viel mehr Möglichkeiten.

Wobei ich mir das "Recht" nicht nehmen lasse, auch für mein Gegenüber unangenehme Dinge anzusprechen, wenn es dafür sachliche Gründe geben sollte!

Ich habe mal einen Spruch gelesen, der mir gefällt:
Vergib Deinen Feinden, aber vergiss ihre Namen niemals!


Der Mann


Geschrieben (bearbeitet)

@Montago Jetzt bist Du dem eigentlichen Kern aber geschickt ausgewichen!

Du beschreibst im letzten Passus Deinen eigenen Umgang mit dem Thema. Das ist Deine Sache - auch wie weit Du auf diesem Weg, den Anspruch in Wirklichkeit umzusetzen, gekommen bist.
Ich habe Menschen erlebt, die Deinem und @Schnäpschens formalen Anspruch entsprochen haben. Und trotzdem hat man ihnen in ihrem Verhalten angemerkt, dass sie weder vergessen, noch verziehen haben. Der Beweis konnte nicht erbracht werden - also was bringt es?
Ich habe auch erlebt, dass Menschen, denen verziehen wurde, das nicht annehmen konnten und ständig auf das Thema zurückkamen und dem andern unterstellten, er habe nicht wirklich verziehen.

Mein Fazit: die Fragestellung ist eine Metadiskussion und eine Kommunikationskeule!

Gleich von welcher Seite und in welcher Form aufgekommen: es zeigt ein nicht aufgearbeitetes Thema und das bleibt es auch, wenn ich es als "unaufrichtiges Verzeihen" charakterisiere.
Die Tatsache aber, dass ich dem andern "Unaufrichtigkeit" oder "vorschnelles Verzeihen ohne wirkliche Substanz" oder was auch immer in diese Richtung vorwerfe, trägt nicht zur Aufarbeitung bei, sondern ist entweder ein Mittel zu- oder zurückzuschlagen.

In der Realität eines Streites ist es einfach ein Bestandteil emotionaler Überflutung, dass negative Erinnerungen hochkochen. Dem andern vorzuhalten, dass er nicht wirklich verziehen habe, bedeutet dann nichts anderes als ihm zu erklären, er solle gefälligst die Klappe über dieses Thema halten - und das wird die überflutenden Emotionen ganz gewiß nicht eindämmen. Die Erinnerung ist da.

Und natürlich ist es ein Kodex, wenn Du schreibst

Ich bin bestrebt, meine Gedanken kontrollieren zu können. So mache ich mir bewusst, ob ich wirklich verzeihe. Tue ich es, ist das Thema auch wirklich abgehakt, es sei denn, es kehrt aufgrund einer erneut gleichen Tat zurück.

Das ist ja löblich - aber es trägt der Tatsache nicht Rechnung, dass jemand anders oder auch Du selbst durch neuere Ereignisse emotional überflutet werden kann - und dann ist eure Charakterisierung nicht mehr wert als die Erklärung "Ich habe mich besser im Griff als Du!"

Wenn man dann noch die Tatsache hinzunimmt, dass es nur allzu menschlich ist, dass man sich selbst viel leichter verzeiht als andern und gern die eigenen Schwächen übersieht, dann taugt diese Charakterisierung eben nur als Waffe, klärt aber nichts wirklich.


bearbeitet von Ballou1957
Geschrieben

@Montago Jetzt bist Du dem eigentlichen Kern aber geschickt ausgewichen!

Tatsächlich? Welcher Kern wäre das Deiner Ansicht nach?

Frage: Was bringt es Dir, wenn Du dem andern sagen kannst "Du hast ja gar nicht wirklich verziehen!"

Weiß ich nicht, was es bringt, solche Fragen stelle ich nicht.

Du kannst Dich damit auf ein kleines Podest stellen und als der bessere Mensch fühlen bzw. genau dies dem andern als Stärke seiner vermeintlichen Schwäche entgegengehalten. Was ist damit gewonnen ausser einer kleinen Ego-Bestätigung? Als Charakterisierung ist es einfach kontroproduktiv, da nicht konfliktlösend, sondern konfliktanheizend.
Du kannst Dich damit auf ein kleines Podest stellen und als der bessere Mensch fühlen bzw. genau dies dem andern als Stärke seiner vermeintlichen Schwäche entgegengehalten. Was ist damit gewonnen ausser einer kleinen Ego-Bestätigung? Als Charakterisierung ist es einfach kontroproduktiv, da nicht konfliktlösend, sondern konfliktanheizend.

Diesen Punkt thematisierst Du jetzt ein zweites Mal in Bezug zu mir. Was soll das? Ich hege keine solchen Gedankengänge. Willst Du mich nötigen, solche Gedankengänge zu haben?



Dem andern vorzuhalten, dass er nicht wirklich verziehen habe, bedeutet dann nichts anderes als ihm zu erklären, er solle gefälligst die Klappe über dieses Thema halten

Das ist ja nun ein neuer Gesichtspunkt. Den diskutieren wir hier eigentlich nicht.

Und natürlich ist es ein Kodex...

nein, auch wenn Du es zehn Mal schreibst.

aber es trägt der Tatsache nicht Rechnung, dass jemand anders oder auch Du selbst durch neuere Ereignisse emotional überflutet werden kann - und dann ist eure Charakterisierung nicht mehr wert als die Erklärung "Ich habe mich besser im Griff als Du!"

Wenn Du meinen Beitrag gelesen und auch verstanden hättest, würdest Du es nicht anführen.


Geschrieben (bearbeitet)

Das ist das leidige Problem mit der Einzelsatz"zitierei" sie dient häufig nur für Wortgefechte nicht einer inhaltlichen Klärung

Den Kern hab ich genau im nachfolgenden Passus ausgeführt. Insofern erspare ich mir eine neue Antwort.

Weiß ich nicht, was es bringt, solche Fragen stelle ich nicht.

Ich nehm da mal jetzt nicht ganz ernst. Du bist bestrebt, Deine Gedanken zu kontrollieren, beschäftigst Dich aber nicht mit dem Sinn dieser Kontrolle? Und dann weißt Du aber sicher, dass der Sinn nicht eine Machtkeule ist, obwohl Du Dir solche Fragen gar nicht stellst?

Die Frage, um die es eigentlich geht, ist doch eigentlich, was Verzeihen leisten kann und was es nicht kann. Wenn Du Dich durch das "Du" angesprochen fühlst, dann ersetze es bitte einfach durch "man" - ich hatte Dich als Meinungsgegner angesprochen und wollte keineswegs persönlich damit werden.
Und wir brauchen auch nicht eine Kleinkinderdiskussion mit "Nein" und "Doch" führen: wenn man postuliert, dass bei echtem Verzeihen das Thema nicht mehr angesprochen werden darf, dann ist das ein Verhaltenskodex, denn es legt fest, wie man sich zu verhalten hat.

Wenn also die Charaktisierung als "unechtes" oder "vorgetäuschtes" Verzeihen nur einen analytischen Zweck für den Spaß an sich hat und keinem Zweck folgt, was ist dann der Erkenntnisgewinn ?

Wenn mir jemand Vorhaltungen über ein angeblich verziehenes Thema macht, dann ist doch eigentlich das interessant, was er damit erreichen will: vielleicht ein erneutes Thematisieren, weil es noch nicht aufgearbeitet ist ? Vielleicht ein moralisches Druckmittel, um mich in die Defensive zu zwingen?

Im zweiten Fall ist es völlig gleichgültig, ob es ein Verzeihen gab oder nicht: inakzeptabel ist der Versuch, mich manipulieren zu wollen.
Im ersten Fall jedoch besteht der wirkliche Klärungsbedarf bei dem, was nicht aufgearbeitet ist.

Und wenn Du gedanklich das störende "Du" einfach durch "man" ersetzt hast: kannst Du dann dem Gedankengang folgen, dass der Vorwurf "Du hast ja gar nicht wirklich verziehen" genauso eine manipulative Waffe sein kann, wie das "Du hast aber damals schon..."?

MoS hat die Option, dass es um einen Ausdruck von Hilflosigkeit gehen kann, sehr gut dargestellt. Ich sehe in der Gegencharakterisierung "Du hast nicht wirklich verziehen" einfach nur die gleiche Hilflosigkeit - beide Positionen haben aber den negativen Aspekt, dass sie die eigene Hilflosigkeit oder Argumentationsschwäche auf den andern projizieren.


bearbeitet von Ballou1957
Geschrieben

Sehr interessantes Thema, hatte ich auch grade. Nur andersrum :-)

Wie ist es denn, wenn man zwar eine längst vergangene Sache verziehen hat, aber sie in immer wieder unterschiedlichen Situationen wieder auftritt?
Ist es denn dann nicht auch so, dass die Entschuldigung vielleicht gar keine echte Entschuldigung war, und dass das Verletztsein des Anderen vielleicht gar nicht ernst genommen wurde?
Muss oder besser, kann man denn dann überhaupt vergessen?


Geschrieben (bearbeitet)


Den Kern hab ich genau im nachfolgenden Passus ausgeführt. Insofern erspare ich mir eine neue Antwort.

Das ist ja nun nicht mein erster Beitrag zum Thema. Mein letzter Beitrag ist eine Ergänzung und Aufbau zu den anderen Beiträgen. Ich bitte Dich, es auch komplett zu erfassen.

Ich nehm da mal jetzt nicht ganz ernst. Du bist bestrebt, Deine Gedanken zu kontrollieren, beschäftigst Dich aber nicht mit dem Sinn dieser Kontrolle?

Wie soll ich das denn nun wieder verstehen? Wenn ich in einer Partnerschaft bin und mein Partner sagt, er verzeiht mir, und ich es nicht hinterfrage, sondern aus der intimen Kenntnis heraus annehme, das dem so ist, was bitte hat es damit zu tun, ob ich mich mit dem Sinn der Kontrolle meiner Gedanken beschäftige? Meine Gedankenkontrolle hat doch in diesem Moment keinerlei Relevanz. Hierbei geht es um eine emotionale und rationale Einschätzung, ob die Verzeihung ehrlich gemeint ist. Wenn mir jemand sagt, ich verzeihe Dir, dann nehme ich es auch in dem Moment grundsätzlich so an. Die Gedankenkontrolle erlaubt mir später, meine erste Annahme zu reflektieren, zu überprüfen und zu bestätigen oder in Frage zu stellen.

Also, für mich ist nicht die Frage wie für Dich, was Verzeihen eigentlich leisten kann. Das ist doch klar. Ich habe es abstrakt schon in meinem ersten Beitrag ausgeführt.

Wenn also die Charaktisierung als "unechtes" oder "vorgetäuschtes" Verzeihen nur einen analytischen Zweck für den Spaß an sich hat und keinem Zweck folgt, was ist dann der Erkenntnisgewinn ?

Dieses Wenn stellt sich für mich nicht dar. Der Zweck, nachzuvollziehen, ob echt oder vorgetäuscht, dient doch einzig einer möglichst richtigen Einschätzung, um damit entsprechend umzugehen.


bearbeitet von Gelöschter Benutzer
Geschrieben

Im Nachhinein habe ich diese Fehler bei passender Gelegenheit immer mal wieder vorgehalten bekommen.



Was ist denn eine passende Gelegenheit?
Hier mal ein hoffentlich zufälliges Beispiel:

Wie ist es denn, wenn man zwar eine längst vergangene Sache verziehen hat, aber sie in immer wieder unterschiedlichen Situationen wieder auftritt?



Wenn es also eine passende Gelegenheit ist, weil wieder eine ähnliche Verfehlung vorgekommen ist, halte ich es für akzeptabel, wenn auch die schon verziehene Begebenheit nochmals zur Sprache kommt.

Denn wenn man um Entschuldigung bittet, verspricht man ja auch meistens, dass dieser Fehler nicht noch mal vorkommen wird.

Somit hat man also sein Versprechen gebrochen, und damit hat meiner Meinung nach der Partner/Freund/Kollege das Recht, auf die Wiederholung hinzuweisen!

Natürlich spielt die Schwere auch eine wichtige Rolle!
Wenn ich zum zweiten Mal innerhalb von 5 Jahren den falschen Senf gekauft habe, halte ich das für nebensächlich.
Aber wenn ich zum wiederholten Mal einen schweren Vertrauensbruch begehe, ist das schon eine andere Dimension!



Der Mann


Geschrieben

Vielleicht wurde aber auch beim Entschuldigen gar nicht der Konsens der einzelnen Situationen erkannt und von daher hat man das Gefühl, es wurde einem nicht wirklich verziehen. Woraufhin natürlich der Veletzte sich immer wieder erklären muss und somit die alte Leier wieder hoch holt.


Geschrieben

...

Ist es denn dann nicht auch so, dass die Entschuldigung vielleicht gar keine echte Entschuldigung war, und dass das Verletztsein des Anderen vielleicht gar nicht ernst genommen wurde?
Muss oder besser, kann man denn dann überhaupt vergessen?


Müssen hieße, die Erwartungshaltung eines Anderen zu erfüllen und dabei eigene wichtige Bedürfnisse zu unterdrücken oder gar zu verleugnen.

Eine Forderung, egal von welcher Seite aus, macht das Thema um einiges brisanter.

Vergessen kann man meiner Meinung nach nicht. Was ich nun auch nicht tragisch finde, ganz im Gegenteil, die Summe der gemachten Erfahrungen entscheidet doch über unser künftiges Verhalten.

Im Wiederholungsfalle und wenn dieser in ähnlicher oder gleicher Weise geschieht, gilt der bereits erwähnte Ablasskauf als Beispiel.
Vergangenes kann man nicht ungeschehen machen, auch wenn manch einer das gern so hätte.

Es handelt sich dann nicht mehr um einen Einzelfall.

Ohne mich auf eine konkrete Situation zu beziehen, gehe ich davon aus, dass ein Gegenüber sein eigenes Wohlbefinden über meinem stellt.

Und ich diesen Menschen nicht mehr ernst nehmen kann, wenn er sich entschuldigt.
Denn wenn eimal Zweifel an den Aussagen des Anderen vorhanden sind, werden immer häufiger Zweifel auftauchen. Das Vertrauen ist nachhaltig gestört.

Das wäre es für mich gewesen.


Geschrieben

Nachdem ich die verscshiedenen Meinungen zu dem Thema mit Interesse verfolgt habe, habe ich für mich die passenden Antworten gefunden.

Mir ging es darum zu erfahren, aus welchen Beweggründen jemand etwas wieder hervorholt/vorwirft, wenn nicht der gleiche (oder ein ähnlicher Fehler) noch einmal begangen wurde.

Und da denke ich mal, daß die Gründe - soweit ich die verschiedenen Situationen aus der teilweise recht weiten Vergangenheit noch richtig beurteilen kann - mal ein Nichtverzeihen, mal die von MoS genannten Aspekte sind.

Ich bedanke mich bei denen, die hier ernsthaft diskutiert haben, ohne persönliche Streitigkeiten und Nebendiskussionen auszutragen und bei den beiden Mods , die den Thread durch ihr Eingreifen wieder in die richtige Bahn gelenkt haben.


Geschrieben

Der gute alte idealistische Menschenhasser Arthur Schopenhauer meint dazu:

"Vergeben und Vergessen heißt: Gemachte kostbare Erfahrungen zum Fenster hinauswerfen."

Nun ist es durchaus fair, seine Erfahrungen hintanzustellen und so zu tun, als sei nichts gewesen. Vergeben und vergessen halt. Unfair ist es, das Theam als "erledigt" zu markieren, wenn es für selbst einen noch nicht "erledigt" ist.

Vollkommen in Ordnung ist es, bei der gleichen Kränkung die erste wieder auf das Tapet zu bringen.

Ich selbst tendiere dazu, die mir zugefügten Kränkungen einfach wegzustecken - es ist mir zu anstrengend, mir alles zu merken. Mein Gegenüber muß sich echt bemühen, um das zu ändern. Dann allerdings ist es eh zu spät.


Geschrieben (bearbeitet)

Naja, aber dadurch, daß der Mensch nunmal ein Gedächtnis hat, in dem die Ereignisse abgespeichert werden, sind sie doch nunmal vorhanden und können ned einfach quasi auf Knopfdruck gelöscht werden.
Das wär sicherlich manchmal sehr wünschenswert und gut, wenn das ginge!

Ansonsten hängt es sicherlich vom Schweregrad dessen ab, was passiert ist, ob man es eher wegstecken kann oder eben ned.


bearbeitet von Gelöschter Benutzer
Geschrieben


Ansonsten hängt es sicherlich vom Schweregrad dessen ab, was passiert ist, ob man es eher wegstecken kann oder eben ned.



Wie ist es denn, wenn wie gesagt viele unterschiedliche Dinge im Grunde den gleichen Konsens haben?
Beispielsweise, das ersichtlich ist, dass der Partner nicht hinter einem steht, weil es vielleicht bedeuten würde, er müsse sich anderen gegenüber erklären, auch wenn er vielleicht die Hintergründe des Verletzten nicht nachvollziehen kann. Er aber lieber das für ihn bequemere nimmt?
Ist es dann ein immer wieder vorhalten, oder eben aus aktuellem Anlass hervorgeholtes?


Geschrieben

Wie ist es denn, wenn man zwar eine längst vergangene Sache verziehen hat, aber sie in immer wieder unterschiedlichen Situationen wieder auftritt?


Ich muss da spontan an eine verkackte Exbeziehung denken.
Es gab mal eine Situation, in der ich von jemand anderem übelst vorgeführt und beleidigt wurde. Von meinem Partner wünsche ich mir, daß er in solchen Situationen hinter mir steht! Das Gegenteil war der Fall.
Nach langen Gesprächen hatte ich ihm sein Verhalten, sein in diesem Moment nicht zu mir stehen, verziehen.
Doch dann passierten solche Situationen immer wieder mal, wenn auch "abgemilderter", aber vom Grundkonsens her genau dieselbe Schiene.

Ist es denn dann nicht auch so, dass die Entschuldigung vielleicht gar keine echte Entschuldigung war, und dass das Verletztsein des Anderen vielleicht gar nicht ernst genommen wurde?


Genau diesen Eindruck hatte ich, als sich die Situationen wiederholten!

Muss oder besser, kann man denn dann überhaupt vergessen?


Nein!
Wie soll man vergessen, wenn genau dieselben Dinge immer wieder passieren?

Entweder entschuldige ich mich für ein Verhalten, weil ich es ernst meine und ändere mein Verhalten dann auch entsprechend oder aber ich lasse solche Lippenbekenntnisse.
Denn mehr ist dann eine solche Entschuldigung nicht!


Geschrieben

Mit einem Partner, der einem Illoyalität bewiesen hat oder einem gar irgendwelche Knüppel in den Weg wirft, auf Dauer klarzukommen, dürfte wahrscheinlich sehr schwer sein.


Geschrieben

Das denke ich auch daher macht dann wahrscheinlich auch nur noch der radikale Strich drunter einen Sinn.

Dumm und kindisch ist natürlich, wenn der Verletzte anfängt und mit den gleichen Waffen versucht zurück zu schlagen, selbst, wenn es eigentlich gar nicht seine Art ist.... Denn dies ist dann wahrscheinlich erstrecht nicht verzeihbar.


Geschrieben

Habe die Beiträge überflogen und kann immer noch nicht sehen, wo das hinführen soll. Hier fiel mal der Begriff "Metadiskussion" und genau das ist es auch für mich.

Was heißt eigentlich "verzeihen" ? Unterm Strich doch nichts anderes,
als daß man die Kröte schluckt, die man von dem anderen reingewürgt
bekommt. Und wenn man von Konsequenzen absieht, dann doch nur, weil man durch die Konsequenzen andere, wichtigere Sachen gefährdet sieht.

Man redet darüber, gibt vielleicht einen Warnschuss ab und läßt die
Angelegenheit erstmal auf sich beruhen. Aber vergessen wird sie nicht und wird wieder rausgekramt, wenn das gleiche wieder passiert.

Und das halte ich für richtig. Das vervollständigt das Bild vom "Partner" und dient als Basis zur Entscheidung, ob man die Beziehung aufrecht erhalten möchte oder nicht. Man kann nicht nur schlucken...irgendwann ist schluss.

Was ich allerdings für etwas absurd halte, ist der Gedanke, den anderen durch das Vorhalten von alten Kamellen manipulieren zu wollen. Meistens wird das doch bei einem handfesten Streit rausgeholt, wo beide eher emotional als rational agieren und kaum darüber nachdenken , wie sie den anderen manipulieren können.
Da werden häufig Dinge gesagt, die man später bereut.

Der Baer


Geschrieben


Was heißt eigentlich "verzeihen" ? Unterm Strich doch nichts anderes,
als daß man die Kröte schluckt, die man von dem anderen reingewürgt
bekommt. Und wenn man von Konsequenzen absieht, dann doch nur, weil man durch die Konsequenzen andere, wichtigere Sachen gefährdet sieht.



Ja Baer, das sehe ich genauso, man verzeiht, weil viel größere Sachen, nämlich die Beziehung, einem wichtiger ist.


Man redet darüber, gibt vielleicht einen Warnschuss ab und läßt die
Angelegenheit erstmal auf sich beruhen. Aber vergessen wird sie nicht und wird wieder rausgekramt, wenn das gleiche wieder passiert.

Und das halte ich für richtig. Das vervollständigt das Bild vom "Partner" und dient als Basis zur Entscheidung, ob man die Beziehung aufrecht erhalten möchte oder nicht. Man kann nicht nur schlucken...irgendwann ist schluss.


Was einem aber dennoch als Vorhaltung entgegen gebracht wird, wenn der Andere seinen Fehler gar nicht als immer wieder gleichen Fehler wahrnimmt.


Was ich allerdings für etwas absurd halte, ist der Gedanke, den anderen durch das Vorhalten von alten Kamellen manipulieren zu wollen. Meistens wird das doch bei einem handfesten Streit rausgeholt, wo beide eher emotional als rational agieren und kaum darüber nachdenken , wie sie den anderen manipulieren können.
Da werden häufig Dinge gesagt, die man später bereut.

Der Baer



Dies oftmals sogar von dem Partner, dem die Alten Kamellen angeblich grundlos vorgeworfen werden. Ohne das es ihm vielleicht bewußt ist, tut er das auch, und verletzt den Anderen wieder aufs Neue.
Da ist dann der Teufelskreis, aus dem es nur das Ende mit Schrecken gibt. Oder aber ein Schrecken ohne Ende.


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